Image braucht Inhalte, liebe Jäger!
Alarmierend, dass sich die Jagd zwar zu ihren „alten Werten“, aber noch immer nicht zu einem umfassenden, wissensbasierten Naturschutz bekennt.
A m 9. 11. schlossen sich also die neun Landesjagdverbände zur Dachmarke „Jagd Österreich“zusammen. Gut so, klingt das doch nach Aufbruch! Auf der gesamten Staatsfläche pirschen und wirtschaften derzeit über 120.000 Jäger und Jägerinnen. Es geht der neuen Marke um das Image der Jagd in der Gesellschaft, um das Behaupten ihrer Werte und ihrer Interessen gegenüber der Konkurrenz durch andere Naturnutzer. Zudem wird dem Feindbild eines „extremen Veganismus“mit dem gesunden Wildbret begegnet, wie man schmunzelnd zur Kenntnis nimmt. Jagdausübung verbindet tatsächlich alle Schichten der Bevölkerung: Politik, Landwirtschaft, Unternehmertum, Kirche und Adel, Juristen und, wer sonst noch dazu gehören will. Böse Zungen behaupten, in der Jagd verfilze ein klassischer Kern der Bevölkerung zum dunklen, Raiffeisen-Mediaprint-ORF-verbandelten Machtnebel. Na ja.
Dermaßen aufgestellt, trägt die Jagd – naturgemäß und zwangsläufig – den heimischen Natur- und Artenschutz. Das sehen viele engagierte und bemühte Jäger ebenso. Auch der neu gegründeten Marke geht es angeblich um „Naturschutz und um die Weitergabe des Wissens um die Zusammenhänge“. Dürftig und ernüchternd allerdings, was dazu auf www.jagd-oesterreich.at zu finden ist: Von einem Leistungs- und Kompetenzbereich „Wild & dessen Lebensräume in seiner Vielfalt sichern und erhalten“liest man, und von einem „respektvollen Umgang mit allen Lebewesen sowie mit der Natur, mit einer klaren Spezialisierung oder Fokussierung auf das Wild und dessen Lebensräume vonseiten der Jagd“. Aha! Und was ist mit der nicht jagdbaren Natur? Bekenntnis zur Wirtschaftsform, nicht aber zum umfassenden Naturschutz? Man stiehlt sich offenbar immer noch aus der Verantwortung. Schade, denn in ihrem sturen Beharren verströmt die „Markenentwicklung“den Duft des Etikettenschwindels.
Alarmierend, dass sich die Jagd zwar zu ihren „alten Werten“, aber noch immer nicht zu einem umfassenden, wissensbasierten Naturschutz bekennt. So etwa fehlt das klare Bekenntnis zu den großen Beutegreifern, Wolf, Bär und Luchs. Die Jagd stellt sich damit auch ewig-gestrig und ignorant gegen den Willen einer Mehrheit der Leute im Lande. Jagd tut sich mit Naturschutz schwer; sie hat dabei zugesehen, wie wir in den vergangenen Jahrzehnten massiv Insekten verloren haben, und damit die von ihnen abhängigen Vögel. Zynisch-blöde daher, wenn ein Landesjagdverband heute die Bejagung von Greifvögeln fordert, um jenes „Niederwild“zu schützen, das aufgrund der ausgeräumten Landschaft verschwindet. Oder vom Wolf nichts wissen will – angeblich den kleinen Bauern zuliebe. Damit versucht man, Greifvögel und Wölfe zu Sündenböcken zu stempeln und macht sich selbst zu Handlangern einer verfehlten Landwirtschaftspolitik.
Lächerlich, wenn man sich nun verbandsintern etwa in die großen Jagdgatter verbeißt, anstatt die vielen tatsächlichen Unsinnigkeiten der Jagdausübung anzugehen. Imagepflege ohne glaubwürdige Anpassung der Inhalte funktioniert nicht. Die Jagd ist zum Hort strukturkonservativer Irrationalität geworden. Noch deutet nichts darauf hin, dass sie sich zu ökologischen Prinzipien und zum umfassenden Natur- und Artenschutz bekennen will oder kann. Ohne eine solch gewandelte Jagd aber gehen in Österreich Natur- und Artenschutz weiterhin den Bach hinunter.