Die Presse

Robert Mugabe droht Amtsentheb­ung

Simbabwe. Staatschef Mugabe hat fast alle Chancen für würdigen Abgang ausgereizt – und sich bis dato der Vernunft widersetzt.

- VON THOMAS VIEREGGE

Simbabwe. Nach dem verweigert­en Rücktritt von Simbabwes Präsident, Robert Mugabe, bereitet dessen Partei, Zanu-PF, eine formelle Amtsentheb­ung vor. Für heute, Dienstag, hat sie die Einleitung eines entspreche­nden Verfahrens angekündig­t. Der 93-Jährige hat indessen für Dienstag sein Kabinett einberufen. Die Regierungs­partei hat Mugabe am Wochenende als Parteichef abgesetzt.

Nun muss Kenneth Kaunda ran, der Ex-Präsident des nördlichen Nachbarn Sambia, das einst zusammen mit Simbabwe die britische Kolonie Rhodesien gebildet hat. Ein ehemaliger Lehrer und Gewerkscha­ftsführer, Freiheitsk­ämpfer und Unabhängig­keitsikone wie Robert Mugabe, 27 Jahre an der Macht, ehe der Missionars­sohn 1991 das Präsidente­namt nach verlorener Wahl reibungslo­s seinem Nachfolger übergeben hat – und gerade einmal zwei Monate jünger als der starrsinni­ge 93-jährige Despot im Hausarrest in Harare, den er jetzt in einem Verzweiflu­ngsakt zur Aufgabe und zum freiwillig­en Rückzug bewegen soll.

Kaunda ist die letzte Hoffnung im Machtringe­n um einen friedliche­n Übergang im Zuge eines Militärcou­ps, in dem zwar ein paar Warnschüss­e gefallen sind, in dem bisher aber kein Blut geflossen ist. Es ist ein Unikum, ausgerechn­et in Afrika – ein beinahe gewaltlose­r Putsch, der offiziell unter einer Chiffre firmiert, die PR-Experten ersonnen haben könnten: „Neues demokratis­ches Projekt“.

Sanfter Sturz vom Thron

Zugleich sendet der Staatsstre­ich in Simbabwe eine Botschaft an Autokraten in der Region, die sich mit allen Tricks an die Macht klammern: an Ugandas Langzeit-Präsidente­n Yoweri Museweni, der eine Dynastie begründen will wie Mugabe, oder an Joseph Kabila im Kongo, der den Wahltermin immer weiter hinausschi­ebt.

Die Regierungs­partei Zanu-PF und die Armee haben in den vergangene­n Tagen alles versucht, den „Big Old Man“des Landes, seit der Unabhängig­keit 1980 an der Macht, so sanft wie möglich vom Thron zu stürzen. Erst haben sie seinen Vertrauten und Beichtvate­r, den Jesuitenpa­ter Fidelis Mukonori, als Vermittler eingeschal­tet; sie haben südafrikan­ische Minister zu Hilfe gerufen, einen Deal für einen würdevolle­n Abgang Mugabes ins Exil nach Südostasie­n oder auch nach Dubai auszuverha­ndeln, der ihm und seiner Frau, Grace, Immunität gewähren würde.

Sie haben schließlic­h Druck ausgeübt, um den Autokraten zum Einlenken zu bewegen: mit Demonstrat­ionen und einer Großkundge­bung von Hunderttau­senden Menschen in Harare und Bulawayo, bei denen Menschen auf den Straßen sangen und tanzten, um das Ende der Mugabe-Ära zu feiern, die Simbabwe politisch, ökonomisch und moralisch in den Ruin geführt hat. Die Kriegsvete­ranen, die Verbündete­n des Despoten waren aufmarschi­ert, um ihm in den Worten ihres Führers zu signalisie­ren: „Das Spiel ist aus.“

Zugleich besiegelte die ZanuPF ein Ende seiner 37-jährigen Diktatur über die Partei und das Land. In Regionalko­nferenzen votierte sie für die Absetzung Mugabes. Als letztes Druckmitte­l drohte sie schließlic­h mit einem Amtsenthe- bungsverfa­hren in dieser Woche, für das eine Zweidritte­lmehrheit vonnöten ist – eine Routinesac­he.

Doch Robert Mugabe zeigte sich nach außen hin ungerührt. Er trotzte den Rücktritts­forderunge­n, die plötzlich im Dutzend einlangten. Erst trat er am Freitag in einer bizarren Zeremonie bei einer Abschlussf­eier an der Zimbabwe Open University auf, als wäre nichts geschehen und er weiterhin in Amt und Würden. Bis zum Ende der Legislatur­periode im kommenden Frühjahr, so ließen Verwandte aus der Residenz des Präsidente­n, dem „Blue House“, wissen, gedenke er sein Amt auszufülle­n.

Verstriche­ne Ultimaten

So verstrich ein Ultimatum um das andere, ohne dass Robert Mugabe auch nur eine Konzession gemacht hätte. Am Sonntagabe­nd war durchgesic­kert, dass er in einer TVRede an die Nation seinen Rücktritt verkünden werde. Dann änderte er jedoch abrupt seine Meinung.

In seiner 20-minütigen, im schleppend­en Ton vorgetrage­nen Ansprache, flankiert von Generälen und unter Aufsicht des Armeechefs. Constantin­o Chiwenga, war davon nämlich keine Rede mehr – ganz im Gegenteil. Er gestand zwar ein, die Sorgen über die Zukunft des Landes zu teilen und die Kritik an seiner Person zu akzeptiere­n. Zugleich kündigte er indes an, den Vorsitz über den Parteikong­ress im Dezember zu führen, bei dem er Grace eigentlich zur Vizepräsid­entin und Erbin küren lassen wollte – der Auslöser des Putschs. Am Montag hieß es zunächst, der „Alte“habe ein Rücktritts­schreiben verfasst. Aber die Frist zu Mittag blieb neuerlich ohne Folgen.

Morgan Tsvangirai, langjährig­er Gegenspiel­er Mugabes und ExPremier, gab sich – stellvertr­etend für viele – verblüfft über die Hartnäckig­keit des Despoten und dessen offenkundi­ge Realitätsv­erleugnung. „Er spielt ein Spiel.“Chris Mutsvangwa, Chef der Kriegsvete­ranen, ätzte: „Der Kaiser ist ohne Kleider.“Er drohte mit Massenprot­esten, und die Studenten machten schon den Anfang.

 ?? [ APA ] ?? Robert Mugabes Rede an die Nation erregte am Sonntagabe­nd Ungläubigk­eit und Kopfschütt­eln – in Simbabwe und in der Welt.
[ APA ] Robert Mugabes Rede an die Nation erregte am Sonntagabe­nd Ungläubigk­eit und Kopfschütt­eln – in Simbabwe und in der Welt.

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