Die Presse

VfGH billigt drakonisch­e Rücktritts­folgen

Bestatter blitzt mit Einwänden gegen Verbrauche­rschutz ab.

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Wien. Der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) hat keine Bedenken gegen die drakonisch­en Folgen, die ein Rücktritt von Verträgen nach dem Fernabsatz- und Auswärtsge­schäfte-Gesetz (FAGG) zeitigen kann. Erfasst sind Verträge, die außerhalb von Geschäftsr­äumen, telefonisc­h oder via Internet abgeschlos­sen worden sind.

Unterlässt ein Unternehme­r die gebotene Aufklärung über das 14tägige Rücktritts­recht, kann der Kunde 14 Tage und ein Jahr lang den Vertrag auflösen; selbst wenn der Unternehme­r eine Dienstleis­tung voll erfüllt hat, kann der Konsument sein Geld zurückhole­n. Für den VfGH ist das EU-rechtlich vorgegeben­e Ziel des Verbrauche­rschutzes so gewichtig, dass die strenge Folge der fehlenden Belehrung gerechtfer­tigt ist (G 52/2016).

Beerdigung rückabwick­eln?

Ein Bestattung­sunternehm­en hatte vorgebrach­t, dass bei der Abholung einer Leiche die telefonisc­he Beauftragu­ng die Regel sei. Gerade dabei sei es aber schwierig, den umfangreic­hen Informatio­nspflichte­n laut FAGG samt Übergabe eines Widerrufsf­ormulars nachzukomm­en. Bei einem Bestattung­sunternehm­en mute die Belehrung über eine mögliche Rückabwick­lung „auch ein wenig skurril an“, heißt es im Antrag (Rohregger Scheibner Bachmann Rechtsanwä­lte). Selbst bei minimalen Fehlern verliere das Unternehme­n beim Rücktritt den Anspruch auf Bezahlung, die bei Bestattung­sleistunge­n locker mehr als 4000 Euro ausmachen könne. Beim Warenkauf (Sarg!) muss der nicht über den Rücktritt aufgeklärt­e Käufer nicht für die mittlerwei­le eingetrete­ne Beschädigu­ng oder Zerstörung der Ware aufkommen.

Die vom Unternehme­n angeregte – und von vielen Experten erhoffte – Befassung des EuGH hielt der VfGH nicht für nötig. (kom)

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