Jura Soyfers Systemkritik als nettes Kabarett
„Der Lechner Edi schaut ins Paradies“im Volx/Margareten: Christine Eder setzt auf Gags und Körpereinsatz.
Ein paar Arbeitslose versuchen sich am Donaukanal wohnlich einzurichten: Kartons, desolate Campingmöbel, ein Sonnenschirm, der später auch zum Screen wird, Spruchbänder. „Anti-Work!!!“besagt das prägnanteste. Monika Rovan hat sich bei der Ausstattung erfolgreich darum bemüht, Elend im Volx/Margareten glaubhaft zu illustrieren. Fünf Schauspieler, die am Freitag zur Premiere von „Der Lechner Edi schaut ins Paradies“unter der Regie von Christine Eder angetreten sind, wirken echt verwahrlost: Edi – Thomas Frank verströmt proletarische Kraft – trägt eine schmutzige Trainingshose und ein verschlissenes Oberteil. Ähnlich ist des Lechners Freundin Fritzi ausstaffiert. (Evi Kehrstephan, an sich intensiv spielend, bleibt hier nur eine Randfigur.)
Die erste Viertelstunde der 60 Minuten langen Aufführung ist ebenfalls billig: Trommeln, Tröten, dilettantische Tricks, Rapp und Breakdance – voller Körpereinsatz, ehe mit der Büchse um Spenden gebeten wird. Eder setzt auf netten Trash – eine geschickte Methode, um der Frage auszuweichen, ob der 81 Jahre alte Text zumindest in Kurzversion noch hält. Sogar die Maschine wird zur Karikatur: Pepi (Christoph Theussl), anfangs bewegungslos im Glitzeranzug mit Silberhelm, mutiert mittels Pappschachteln zur Frühversion eines Roboters. 1936, als Jura Soyfers Drama in Wien uraufgeführt wurde, war solches Zeug utopisch. Der Autor, der 1934 als enttäuschter Sozialist zu den Kommunisten gewechselt hatte, übte in Gedichten, Stücken und Prosa massive Gesellschaftskritik. Die Nazis verhafteten ihn 1938 auf der Flucht. Er kam ins KZ, starb 1939 mit 26 an Typhus. Die Freilassungspapiere waren bereits ausgestellt.
„Arbeit ist Massenmord“
Bei Edi geht es vorerst um Produktionsweisen, er ist seit Jahren arbeitslos, reist mit Fritzi und Pepi per Zeitmaschine in die Vergangenheit, um zu erfahren, wer schuld am Elend sei. Inzwischen ist auch die Maschine abgebaut worden. Kaum einer kann sich noch Schuhe leisten, die erst Edi, dann in Masse Pepi produzierte. „Arbeit ist Massenmord oder Genozid“, behauptet Fritzi. Die Schuldigen: Entdecker. Galvani als Pionier der Elektrizität, Galilei, Kolumbus, Gutenberg . . . immer weiter zurück geht es, garniert mit lustigen Videoclips, bis ins Paradies. Dort werden soeben Adam und Eva produziert, finale Modelle aus Lehm. Ihr größtes Plus: die Mischung aus Ja und Nein. Leicht beruhigt geht es nach Hause. Der Mensch kann sich entscheiden. Das wird mit Witz auf einfachste Art klar gemacht.