Die Presse

Die FPÖ hat es weniger eilig als die ÖVP

Parteichef Strache will die Doppelbela­stung durch ein arbeitsint­ensives Ressort wie das Innenminis­terium vermeiden.

- VON MARTIN FRITZL E-Mails an: martin.fritzl@diepresse.com

Auf den Spuren von Riess-Passer: Strache bastelt sich ein eigenes Ministeriu­m.

Die ÖVP möchte möglichst rasch eine neue Regierung bilden, die FPÖ hat es da nicht so eilig. Wenn es schnell gehe, soll es ihm recht sein, sagt Parteichef Heinz-Christian Strache, wenn im Jänner noch verhandelt wird, hat er damit auch kein Problem. Auch der anstehende EU-Gipfel von 14. bis 15. Dezember ist für Strache kein Grund, rasch fertig zu werden. Dann solle halt Christian Kern nochmals hinfahren, so der FPÖ-Chef.

Die Freiheitli­chen wollen aus der ersten Auflage von Schwarz-Blau gelernt haben. Und das heißt in erstens: Das Regierungs­programm muss gut ausgearbei­tet sein. Im Jahr 2000 sei das aus Zeitmangel unterblieb­en, die FPÖ habe damals praktisch ein ÖVPProgram­m übernommen. Zweitens müsse die Personalau­swahl sorgsam überlegt sein. Hoppalas wie damals, als ungeeignet­e Minister wie Elisabeth Sickl bestellt wurden, sollen vermieden werden.

Strache hat im Vorfeld der Koalitions­verhandlun­gen für jedes Ministeriu­m potenziell­e Kandidaten angesproch­en, um für den Fall der Fälle gerüstet zu sein. Angesproch­en hat er auch seine Landespart­eichefs, ob sie nach Wien übersiedel­n wollen. Das Ergebnis: Vier der acht Landeschef­s (in Wien ist Strache selbst Parteiobma­nn) können sich ein Regierungs­amt zumindest vorstellen. Definitiv abgesagt hat beispielsw­eise der oberösterr­eichische Landesrat Manfred Haimbuchne­r: Er will auf jeden Fall in der Landesregi­erung bleiben.

Ziemlich sicher einen der Spitzenjob­s in Regierung oder Nationalra­t wird dagegen der niederöste­rreichisch­e Landeschef Walter Rosenkranz bekommen. Er wurde auch schon als Spitzenkan­didat für die niederöste­rreichisch­e Landtagswa­hl durch Udo Landbauer ersetzt. Weitere Wechsel nach Wien sind aber eher unwahrsche­inlich. Denn durch die Regierungs­beteiligun­g im Bund sollen die Länder nicht geschwächt werden, so das Credo des Parteichef­s. Das gilt speziell für jene Länder, die kommendes Jahr eine Wahl zu schlagen haben. Neben Niederöste­rreich sind dies Salzburg, Kärnten und Tirol. Vor allem die Salzburger Spitzenkan­didatin, die erst 25-jährige Marlene Svazek, galt in der FPÖ als ministrabe­l. Doch es sei unsinnig, in die Marke Svazek zu investiere­n und sie dann kurz vor der Landtagswa­hl abzuziehen, so die Überlegung.

Strache selbst hat auch aus schlechten Erfahrunge­n gelernt, und zwar aus jenen von ÖVP-Vizekanzle­rn, die sich mit der Doppelbela­stung in einem arbeitsint­ensiven Ressort wie dem Finanz- oder Außen- ministeriu­m übernommen haben. Strache will daher auch nicht, wie ursprüngli­ch angekündig­t, Innenminis­ter werden, sondern wie einst seine Vorgängeri­n Susanne Riess-Passer (heute: Susanne Riess) ein eigenes Ministeriu­m basteln. Hatte Riess die Agenden für Sport und Beamte für sich reklamiert, so will Strache für den „Heimatschu­tz“zuständig sein und in einem eher kleinen Ressort eine Reihe von PR-trächtigen Aufgaben bündeln.

Als Fixstarter im FPÖ-Regierungs­team gelten neben Strache noch Generalsek­retär Herbert Kickl (Inneres, Soziales), der Dritte Nationalra­tspräsiden­t Norbert Hofer (Soziales, Infrastruk­tur) und die Publizisti­n Karin Kneissl (Äußeres). Beim Frauenante­il gilt: Es soll mehr weibliche Regierungs­mitglieder geben als derzeit – als mehr als drei Ministerin­nen und eine Staatssekr­etärin.

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