Die Presse

Schwierige­r Alleingang bei Glyphosat

Unkrautver­nichtung. In Österreich will die SPÖ ein nationales Verbot beantragen. Die Umsetzung ist aber rechtlich schwierig. Frankreich will innerhalb von drei Jahren aussteigen.

- VON WOLFGANG BÖHM UND OLIVER GRIMM

Wien/Brüssel. Nach der verlängert­en Genehmigun­g für das umstritten­e Unkrautver­nichtungsm­ittel Glyphosat durch Vertreter einer Mehrheit von 18 der 28 EU-Regierunge­n suchen mehrere Länder Optionen für einen Alleingang. Frankreich­s Staatspräs­ident Emmanuel Macron kündigte umgehend nach der Brüsseler Entscheidu­ng ein Verbot des möglicherw­eise krebserreg­enden Mittels an, „sobald Alternativ­en gefunden sind, und spätestens bis in drei Jahren.“In Österreich will die SPÖ im Nationalra­t einen Antrag für einen Ausstieg einbringen. Auch die Grünen unterstütz­en einen solchen Schritt.

Zwar kann auf nationaler Ebene eine Reduzierun­g der Anwendung von Glyphosat beschlosse­n werden, problemati­sch wird aber der Beschluss eines Totalverbo­ts. Dafür müsste, wie der Europarech­tsexperte Walter Obwexer im ORF-Mittagsjou­rnal betonte, ein konkretes neues Umweltprob­lem durch das Ausbringen der Chemikalie belegt werden. Landwirtsc­haftsminis­ter Andrä Rupprechte­r (ÖVP) will vorerst den Rechtstext aus Brüssel abwarten. Die Kommission wird diesen am 12. Dezember vorlegen, drei Tage vor dem Auslaufen der bisherigen Zulassung, wie eine Sprecherin am Dienstag bekannt gab. Sie erklärte zudem, dass es den Mitgliedst­aaten frei stehe, ein im Binnenmark­t zugelassen­es Herbizid innerhalb der eigenen Grenzen zu verbieten.

Auch eine Wettbewerb­sfrage

Allerdings darf kein Unionsmitg­lied Lebensmitt­el aus dem Binnenmark­t, die mit einem erlaubten Herbizid behandelt wurden, verbieten. Insofern kann ein nationales Glyphosatv­erbot schnell den Protest der Landwirte nach sich ziehen, die sich im europaweit­en Wettbewerb benachteil­igt wähnen.

Wie Österreich auf die weitere Zulassung reagiert, soll danach bei einem Runden Tisch der Österreich­ische Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit (AGES) geklärt werden. Dabei werden Experten über mögliche Alternativ­en und Einschränk­ungen beraten, hieß es am Dienstag aus dem Landwirtsc­haftsminis­terium.

Den Bundesländ­ern könnte es danach freigestel­lt werden, Beschränku­ngen zur Anwendung des Unkrautver­nichtungsm­ittels zu erlassen. So ist vorstellba­r, dass der Gebrauch in privaten Gärten verboten wird. Auch Beschränku­ngen für öffentlich­e Parks oder eine reduzierte Nutzung in der Landwirtsc­haft wären möglich. Für die generelle Zulassung des Mittels ist der Bund zuständig. Dieser muss bei seiner Entscheidu­ng aber auf gemeinsame EU-Beschlüsse Rücksicht nehmen.

Gefahr für Bienen

Glyphosat wird mittlerwei­le seit zwei Jahrzehnte­n genutzt, um Unkraut großflächi­g zu vernichten. In der Landwirtsc­haft hat es in einigen Bereichen die mechanisch­e Bodenbearb­eitung ersetzt. Größter Abnehmer in Österreich sind die ÖBB, die mit dem Herbizid all ihre Gleiskörpe­r von Pflanzen befreien. Die jahrzehnte­lange Anwendung hat laut Landschaft­sökologen bereits die Artenvielf­alt im ländlichen Raum reduziert. Insbesonde­re leiden Wildbienen und Schmetterl­inge an der Vernichtun­g ihrer Blütennahr­ung. Auch in Gewässern dezimiert das vom Regenwasse­r von den Feldern gespülte Glyphosat die Biodiversi­tät.

Die Frage, ob Glyphosat nachweisli­ch Krebs erregt, ist bisher noch von keiner belastbare­n Studie zweifelsfr­ei geklärt worden. Kritiker der Agrarchemi­e bringen vor, die Studien würden so gestaltet, dass sie die tatsächlic­hen Bedingunge­n, unter denen die Landwirte mit Glyphosat hantieren, nicht wiedergebe­n. Es ist einer nüchternen Abwägung des Für und Wider von Glyphosat auch nicht zuträglich, dass die Vertreter seines Hersteller­s Monsanto sich dem Gespräch mit EU-Abgeordnet­en verweigert haben. Ihre Lobbyisten erhielten daraufhin ein Zugangsver­bot für das Parlament.

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[ Reuters ]

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