Ein harter Advent für Trump
USA. Präsident Trump steht ein schwieriger Dezember bevor. Im Senat könnte nach der Wahl in Alabama seine Mehrheit schrumpfen. Und dem Staat droht eine Haushaltssperre.
Washington. Normalerweise wäre für Donald Trump jetzt bald Zeit, die Füße hoch zu lagern und auf die Leistungen der vergangenen Monate zurückzublicken. Das erste Jahr eines neuen US-Präsidenten ist üblicherweise die produktivste Zeit des Staatsoberhauptes überhaupt. Doch bei Trump ist das anders, er hat so gut wie keine politischen Großerfolge vorzuweisen.
Deshalb sollen die letzten Wochen vor Weihnachten mit einer ganzen Reihe von Entscheidungen die Wende bringen, doch die Chancen stehen schlecht: Der besinnliche Advent wird in Washington zur Zeit der politischen Hochspannung. Wichtige Nachwahlen, eine drohende Haushaltssperre und Krach in der eigenen Partei könnten dem Präsidenten die Feststimmung verderben – und sein Scheitern offen dokumentieren.
Fehlschläge statt Erfolge
In ihrem ersten Amtsjahr können viele US–Präsidenten im Nachglanz ihres Wahlsieges ihre Gesetzgebungs-Agenda energisch vorantreiben, bevor dann im zweiten Jahr – für Trump also im nahen 2018 – Zwischenwahlen im Kongress anstehen, die im Parlament die Kompromissbereitschaft sinken lassen. Anschließend beginnt bereits die Vorbereitung auf die nächste Präsidentenwahl. Für den Mann im Weißen Haus gibt es deshalb keine bessere Zeit für Erfolge als die allerersten Monate im Amt.
Gemessen an diesen Erfahrungen war Trumps erstes Amtsjahr ein Fehlschlag. Er konnte zwar den konservativen Richter Neil Gorsuch am Verfassungsgericht unterbringen, doch die groß angekündigte Gesundheitsreform misslang. Die mindestens ebenso wichtige Steuerreform hat zwar das Repräsentantenhaus passiert, stößt im Senat aber auf Widerstand bei wichtigen Politikern aus Trumps republikanischer Partei. Haushaltspolitiker vermissen eine solide Gegenfinanzierung der von Trump versprochenen Steuersenkungen. Angesichts einer Mehrheit von nur zwei Stimmen in der Kammer kann sich der Präsident nicht viele Abweichler leisten.
Solidarität mit Roy Moore
Diese Mehrheit könnte bald noch weiter schrumpfen. Am 12. Dezember steht in Alabama die Nachwahl für einen Sitz im Senat an, bei dem der erzkonservative republikanische Kandidat Roy Moore gegen den Demokraten Doug Jones antritt. Die Region im tiefen Süden ist ein Erbhof der Republikaner, doch Moore ist nicht nur extrem konservativ – er will unter anderem Homosexualität verbieten – und rechtspopulistisch, sondern auch ein mutmaßlicher Sexualstraftäter: Moore soll als junger Mann mehrmals ver- sucht haben, Teenager zu missbrauchen.
Die republikanische Parteiführung hat Moore aufgerufen, seine Kandidatur aufzugeben, doch Trump steht zu ihm. So geht die Partei schwierigen Zeiten entgegen: Verliert Moore gegen den Demokraten Jones, wie es einige Umfragen voraussagen, haben die Republikaner nur noch eine Stimme Mehrheit im Senat. Siegt Moore, könnte er sich Forderungen nach einem Parteiausschluss gegenüber sehen.
Geht bald das Geld aus?
Noch vor der wichtigen Wahl in Alabama stehen im Kongress schwierige Verhandlungen der Parteien zur Verhinderung einer Haushaltssperre an. Sollte es keine Einigung geben, müssten nach dem 8. Dezember staatliche Institutionen wie Nationalparks oder Museen schließen, weil kein Geld mehr da ist. Trumps Republikaner brauchen im Senat die Unterstützung von mindestens acht Demokraten, um die Sperre zu vermeiden – doch die Opposition knüpft ihre Mitarbeit an Bedingungen.
Das Spiel ist für beide Seiten politisch riskant, denn weder Republikaner noch Demokraten wollen von der Öffentlichkeit für die Zahlungsunfähigkeit des Staates verantwortlich gemacht werden. Am Dienstag wollte Trump versuchen, bei einem Treffen mit den Fraktionschefs beider Parteien eine Lö- sung zu finden. Es wurde erwartet, dass der Präsident beim Gespräch unter erheblichen Druck geraten werde, Kompromissen unter anderem in der Einwanderungs- oder der Gesundheitspolitik zuzustimmen. Dies wiederum könnte in der eigenen Partei für Unmut sorgen.
Diese Probleme erfordern eigentlich die ungeteilte Aufmerksamkeit des Präsidenten, doch Trump muss sich noch mit anderen drängenden Fragen herumschlagen. Russland-Sonderermittler Robert Mueller zieht immer engere Kreise um den Mann im Weißen Haus. Mueller, der im Oktober Klage gegen Trumps ehemaligen Wahlkampfmanager Paul Manafort eingereicht hatte, konzentriert sich derzeit auf Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn. Laut Medienberichten strebt Flynn eine Vereinbarung mit Mueller über einen Strafnachlass im Gegenzug für eine Aussage an.
„Wilder Dezember“
Ein solcher Deal könnte Mueller neue Einblicke in die mutmaßliche Verwicklung des Trump-Wahlkampfteams in russische Wahlmanipulationen verschaffen – und den Präsidenten ins Schwitzen bringen. Der Republikaner Charlie Dent sagte in der „Washington Post“bereits einen „wilden Dezember“voraus: Das erste Weihnachtsfest im Weißen Haus wird für Trump möglicherweise alles andere als friedlich und harmonisch werden.