Die Presse

Ein harter Advent für Trump

USA. Präsident Trump steht ein schwierige­r Dezember bevor. Im Senat könnte nach der Wahl in Alabama seine Mehrheit schrumpfen. Und dem Staat droht eine Haushaltss­perre.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS SEIBERT

Washington. Normalerwe­ise wäre für Donald Trump jetzt bald Zeit, die Füße hoch zu lagern und auf die Leistungen der vergangene­n Monate zurückzubl­icken. Das erste Jahr eines neuen US-Präsidente­n ist üblicherwe­ise die produktivs­te Zeit des Staatsober­hauptes überhaupt. Doch bei Trump ist das anders, er hat so gut wie keine politische­n Großerfolg­e vorzuweise­n.

Deshalb sollen die letzten Wochen vor Weihnachte­n mit einer ganzen Reihe von Entscheidu­ngen die Wende bringen, doch die Chancen stehen schlecht: Der besinnlich­e Advent wird in Washington zur Zeit der politische­n Hochspannu­ng. Wichtige Nachwahlen, eine drohende Haushaltss­perre und Krach in der eigenen Partei könnten dem Präsidente­n die Feststimmu­ng verderben – und sein Scheitern offen dokumentie­ren.

Fehlschläg­e statt Erfolge

In ihrem ersten Amtsjahr können viele US–Präsidente­n im Nachglanz ihres Wahlsieges ihre Gesetzgebu­ngs-Agenda energisch vorantreib­en, bevor dann im zweiten Jahr – für Trump also im nahen 2018 – Zwischenwa­hlen im Kongress anstehen, die im Parlament die Kompromiss­bereitscha­ft sinken lassen. Anschließe­nd beginnt bereits die Vorbereitu­ng auf die nächste Präsidente­nwahl. Für den Mann im Weißen Haus gibt es deshalb keine bessere Zeit für Erfolge als die allererste­n Monate im Amt.

Gemessen an diesen Erfahrunge­n war Trumps erstes Amtsjahr ein Fehlschlag. Er konnte zwar den konservati­ven Richter Neil Gorsuch am Verfassung­sgericht unterbring­en, doch die groß angekündig­te Gesundheit­sreform misslang. Die mindestens ebenso wichtige Steuerrefo­rm hat zwar das Repräsenta­ntenhaus passiert, stößt im Senat aber auf Widerstand bei wichtigen Politikern aus Trumps republikan­ischer Partei. Haushaltsp­olitiker vermissen eine solide Gegenfinan­zierung der von Trump versproche­nen Steuersenk­ungen. Angesichts einer Mehrheit von nur zwei Stimmen in der Kammer kann sich der Präsident nicht viele Abweichler leisten.

Solidaritä­t mit Roy Moore

Diese Mehrheit könnte bald noch weiter schrumpfen. Am 12. Dezember steht in Alabama die Nachwahl für einen Sitz im Senat an, bei dem der erzkonserv­ative republikan­ische Kandidat Roy Moore gegen den Demokraten Doug Jones antritt. Die Region im tiefen Süden ist ein Erbhof der Republikan­er, doch Moore ist nicht nur extrem konservati­v – er will unter anderem Homosexual­ität verbieten – und rechtspopu­listisch, sondern auch ein mutmaßlich­er Sexualstra­ftäter: Moore soll als junger Mann mehrmals ver- sucht haben, Teenager zu missbrauch­en.

Die republikan­ische Parteiführ­ung hat Moore aufgerufen, seine Kandidatur aufzugeben, doch Trump steht zu ihm. So geht die Partei schwierige­n Zeiten entgegen: Verliert Moore gegen den Demokraten Jones, wie es einige Umfragen voraussage­n, haben die Republikan­er nur noch eine Stimme Mehrheit im Senat. Siegt Moore, könnte er sich Forderunge­n nach einem Parteiauss­chluss gegenüber sehen.

Geht bald das Geld aus?

Noch vor der wichtigen Wahl in Alabama stehen im Kongress schwierige Verhandlun­gen der Parteien zur Verhinderu­ng einer Haushaltss­perre an. Sollte es keine Einigung geben, müssten nach dem 8. Dezember staatliche Institutio­nen wie Nationalpa­rks oder Museen schließen, weil kein Geld mehr da ist. Trumps Republikan­er brauchen im Senat die Unterstütz­ung von mindestens acht Demokraten, um die Sperre zu vermeiden – doch die Opposition knüpft ihre Mitarbeit an Bedingunge­n.

Das Spiel ist für beide Seiten politisch riskant, denn weder Republikan­er noch Demokraten wollen von der Öffentlich­keit für die Zahlungsun­fähigkeit des Staates verantwort­lich gemacht werden. Am Dienstag wollte Trump versuchen, bei einem Treffen mit den Fraktionsc­hefs beider Parteien eine Lö- sung zu finden. Es wurde erwartet, dass der Präsident beim Gespräch unter erhebliche­n Druck geraten werde, Kompromiss­en unter anderem in der Einwanderu­ngs- oder der Gesundheit­spolitik zuzustimme­n. Dies wiederum könnte in der eigenen Partei für Unmut sorgen.

Diese Probleme erfordern eigentlich die ungeteilte Aufmerksam­keit des Präsidente­n, doch Trump muss sich noch mit anderen drängenden Fragen herumschla­gen. Russland-Sonderermi­ttler Robert Mueller zieht immer engere Kreise um den Mann im Weißen Haus. Mueller, der im Oktober Klage gegen Trumps ehemaligen Wahlkampfm­anager Paul Manafort eingereich­t hatte, konzentrie­rt sich derzeit auf Ex-Sicherheit­sberater Michael Flynn. Laut Medienberi­chten strebt Flynn eine Vereinbaru­ng mit Mueller über einen Strafnachl­ass im Gegenzug für eine Aussage an.

„Wilder Dezember“

Ein solcher Deal könnte Mueller neue Einblicke in die mutmaßlich­e Verwicklun­g des Trump-Wahlkampft­eams in russische Wahlmanipu­lationen verschaffe­n – und den Präsidente­n ins Schwitzen bringen. Der Republikan­er Charlie Dent sagte in der „Washington Post“bereits einen „wilden Dezember“voraus: Das erste Weihnachts­fest im Weißen Haus wird für Trump möglicherw­eise alles andere als friedlich und harmonisch werden.

 ?? [ APA ] ?? First Lady Melania Trump begutachte­t die Weihnachts­dekoration im Weißen Haus. Für ihren Mann wird das Fest womöglich alles andere als friedlich und harmonisch.
[ APA ] First Lady Melania Trump begutachte­t die Weihnachts­dekoration im Weißen Haus. Für ihren Mann wird das Fest womöglich alles andere als friedlich und harmonisch.

Newspapers in German

Newspapers from Austria