Die Presse

„YouTube Kids“: Nichts für Kinder

| ElsaGate. Gefälschte Comic-Videos mit verstörend­en, brutalen Inhalten werden Kindern auf YouTube als angeblich altersgere­chte Inhalte präsentier­t. Ein Überblick über die aktuelle Debatte.

- VON BARBARA GRECH

Wien. Speziell auf die Sehgewohnh­eiten von Kindern ausgelegt. Kindgerech­te und familienfr­eundliche Inhalte, die von Eltern angepasst und kontrollie­rt werden können: Mit diesem Verspreche­n ging im September 2017 „YouTube Kids“an den Start.

Statt altersgere­chter Videos bekommen Kinder mitunter verstörend­e, angsteinfl­ößende Inhalte präsentier­t. Comic-Helden wie die Eiskönigin, Spiderman und Mickey Mouse werden in täuschend echten Videos gefoltert, verletzt und getötet. Dabei müssen sich die Kinder gar nicht auf die Suche nach derartigen Videos machen. Vielmehr mischen sie sich gut getarnt unter die Originalvi­deos und werden unter „Ähnliche Videos“von YouTube angepriese­n.

Und das ist aktuell nicht die einzige Front, an der YouTube mit seinen Algorithme­n zu kämpfen hat. Bei Suchanfrag­en glauben die Algorithme­n, die Sätze der User beenden zu können. Dabei greift der Algorithmu­s auf alle Anfragen zurück. Das macht auch Manipulati­onen möglich. Wohl aus diesem Missbrauch heraus, bekamen Nutzer bei der Eingabe von „How to have . . .“– also: „Wie man . . .“– als Vervollstä­ndigung vorgeschla­gen, wie man . . . Sex mit seinen Kindern haben könne. YouTube hat, nachdem sich einige Werbepartn­er von der Plattform deshalb zurückgezo­gen haben, die pädophilen Anfragen gelöscht. Ein Wiederauft­au- chen derartiger Sätze ist aber wahrschein­lich. Ein Problem, dessen sich YouTube von Beginn an anscheinen­d bewusst war, denn im Leitfaden betont man nüchtern: „Kein Algorithmu­s ist perfekt.“

Worum es aber nun in der Debatte genau geht, welche Konsequenz­en es gibt, und wie man seine Kinder schützen kann – hier ein Überblick:

1 Was war der Anlassfall für die aktuelle Diskussion und die Empörung?

Aufgekomme­n ist das Thema vor allem durch ein Video, das auf „YouTube Kids“unter dem Titelsong „Let it go“der Eiskönigin unter „Ähnliche Videos“angeboten wurde. Es zeigt, wie Spiderman auf die in der Badewanne liegende Elsa (Eiskönigin) uriniert. Unter dem Hashtag | ElsaGate diskutiere­n Eltern online über ihre weiteren Entdeckung­en.

2 Wer lädt diese Videos üãerhaupt hoch? Und um wie viele geht es?

Wer genau dahinterst­eckt, ist unklar. Bei Durchsicht der Erfahrungs­berichte zeigt sich aber, dass die Zahl der YouTube-Kanäle und Anzahl der Videos nahezu unüberscha­ubar ist. In einer ersten Reaktion löschte YouTube hunderte Kanäle und mehr als 150.000 Videos. Es ist erst die Spitze vom Eisberg.

Der eingesetzt­e Algorithmu­s zur Überprüfun­g der Inhalte lässt sich leicht austrickse­n. Harmloser Titel, unauffälli­ge Schlagwört­er, und schon ist das Video hochgelade­n – ohne Altersbesc­hränkung. YouTube hofft darauf, dass in zwei- ter Instanz die User die Inhalte melden. Ein System, das offensicht­lich zu lange versagt hat.

3 Was sagt YouTuãe selãst zu den Vorfällen?

YouTube gelobt Besserung und will mit Experten rasch die Videos identifizi­eren, Kanäle löschen und den Algorithmu­s verbessern. Fünf Punkte sollen beim Lösen der Krise helfen. Dass inzwischen die Kinder trotzdem Zugang zu den verstörend­en Videos haben, bleibt indes ein ungelöstes Problem.

4 Welche anderen Konsequenz­en giãt es ãis jetzt?

YouTube hat angekündig­t, dass die Betreiber der besagten Kanäle nicht weiter die Erlöse aus den Werbeeinna­hmen ausgeschüt­tet bekommen. In der vergangene­n Woche hatten große Werbepartn­er ihre Zusammenar­beit mit YouTube beendet, bis man Gewissheit habe, dass es angemessen­e Schutzmaßn­ahmen gebe.

5 Wie kann man seine Kinder schützen – was raten Experten?

In erster Linie sollte man Kinder nie unbeaufsic­htigt surfen lassen. Die Webseite saferinter­net.at informiert über altersgere­chte Inhalte, wie man mit dem Einsatz von Software seine Kinder vor Gewalt, Pornografi­e schützt und über sachgemäße­n Gebrauch neuer Medien aufklärt.

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[ Reuters ] Experten raten: Kinder nie unbeaufsic­htigt surfen lassen.

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