Die Presse

Defizite im Boom – ein staatliche­s Armutszeug­nis

Wann, wenn nicht jetzt, sollen wir das Budget ordentlich sanieren?

- Josef.urschitz@diepresse.com

A ngesichts lähmender Stagnation in den ersten Jahren dieses Jahrzehnts fühlt sich das fast schon wie ein Boom an: Die OECD hat ihre Wachstumsp­rognose für Österreich von 2,2 auf drei Prozent angehoben. Die Wirtschaft fährt Vollgas, die Arbeitslos­igkeit sinkt, die Steuereinn­ahmen sprudeln. Die neue Regierung findet also beste Bedingunge­n vor, die Staatsfina­nzen in Ordnung zu bringen.

In der Steuerstat­istik des Finanzmini­steriums war diese Entwicklun­g schon abzusehen: In den ersten neun Monaten dieses Jahres ist das Steueraufk­ommen des Bundes um 4,2 Prozent gestiegen. Ein sattes reales Plus. In Zahlen: Der Finanzmini­ster hat heuer um 2,48 Mrd. Euro mehr eingenomme­n als im Vorjahr. Netto, also nach Abzug der Überweisun­gen an die Länder etc. hatte der Bund in den ersten drei Quartalen (unter anderem wegen eines Rückgangs des EU-Beitrags) sogar um sieben Prozent mehr in der Kasse.

Ein Glücksfall, den nicht jede Regierung bei ihrem Amtsantrit­t vorfindet. Und dieser Glücksfall sollte auch genutzt werden. D azu wird man das Steuer aber radikal herumreiße­n müssen. Denn derzeit regiert noch die Budgetpoli­tik alt nach dem HaseIgel-Modell: Wie schnell die Einnahmen auch laufen – die Ausgaben sind jedes Mal noch schneller am Ziel.

In nüchternen Budgetzahl­en: Einer Steigerung der „Einzahlung­en“um 4,2 Prozent steht heuer eine Zunahme der „Auszahlung­en“um acht (!) Prozent gegenüber. In der Allgemeine­n Gebarung fehlen also trotz Rekordeinn­ahmen satte 6,6 Mrd. Euro. Dabei schlagen hier die Vorwahlges­chenke vom vergangene­n September noch gar nicht durch.

Da dürfen wir uns jetzt wohl einen beherzten Tritt auf die Bremse erwarten. Denn wenn bei drei Prozent Realwachst­um und Nullzinsen kein ausgeglich­enes Budget möglich ist, dann wohl nie mehr.

Übrigens: In der Geschichte vom Hasen und vom Igel bricht der Hase nach dem 74. vergeblich­en Versuch tot zusammen. An die 50 Mal hat der BudgetHase bei uns schon vergeblich probiert, den AusgabenIg­el zu schlagen. Viele Versuche haben wir demnach also nicht mehr.

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