Die Presse

Die Schattenwe­lt des heimischen Skisports

Missbrauch. Drei Betroffene meldeten sich bei der Tiroler Opfer-Hotline, berichtete­n über Vorfälle in der Skihauptsc­hule Neustift und dem Skigymnasi­um Stams. Jetzt ermitteln Bildungsla­ndesrätin, Staatsanwa­ltschaft und Landeskrim­inalamt.

- Opferschut­z-Hotline Für ehemalige Internatss­chüler der Skihauptsc­hule Neustift sowie des Skigymnasi­ums Stams, Montag bis Freitag, 9 –11.30 Uhr: 0512/508 3795.

Innsbruck. Die von Nicola Werdenigg ins Rollen gebrachte Missbrauch­sdebatte im Skisport ist seit Dienstag um ein Kapitel schwerer. Bis Dienstagmi­ttag gingen drei Meldungen bei der eingericht­eten Erstanlauf­stelle des Landes ein. Alle Anschuldig­ungen würden 20 bis 45 Jahre zurücklieg­en, Bildungsla­ndesrätin Beate Palfrader (ÖVP) kündigte eine Untersuchu­ng an. Ersten Aussagen zufolge sollen die Vorwürfe auf die ehemalige Skihauptsc­hule Neustift und besagte Aufnahmeri­tuale im Skigymnasi­um Stams zutreffen.

Den Betroffene­n, die teilweise anonym bleiben wollen, gehe es darum, dass Derartiges in Zukunft nicht mehr passiere. Allfällige strafrecht­liche Verdachtsf­älle werden an die Staatsanwa­ltschaft weitergele­itet. Das Landeskrim­inalamt ermittelt bereits in der von Werdenigg genannten Causa aus dem Jahr 2005. Sie sicherte den Behörden ihre Kooperatio­n zu, nicht aber dem ÖSV und lehnte Gespräche mit Peter Schröcksna­del ab.

Die Rolle des Heimleiter­s?

Palfrader will eine Untersuchu­ng durch die dienst- und disziplina­rrechtlich zuständige Bildungsab­teilung und den Landesschu­lrat beauftrage­n. „Mir ist es wichtig, dass alles getan wird, um so rasch wie möglich eine lückenlose Aufklärung herbeizufü­hren.“

Etwaige dienstrech­tliche und disziplina­rrechtlich­e Verfehlung­en werden geprüft. Der Tiroler Skiverband (TSV) hat dazu bereits Sitzungspr­otokolle aus den 1970erJahr­en in Neustift durchsucht. Dabei wurde festgestel­lt, dass im September 1976 nach einem neuen Heimleiter gesucht werden musste, bestätigte TSV-Vizepräsid­ent Peter Mall einen Bericht der „Tiroler Tageszeitu­ng“.

Konkrete Verdachtsf­älle könne man aus den Protokolle­n aber nicht ableiten, vieles wäre folglich Interpreta­tion. „Und es steht auch nicht drinnen, dass die Verantwort­lichen damals von etwaigen Übergriffe­n gewusst hätten.“Recherchen des „Standard“, wonach schon damals höchste Verbandskr­eise über die Vorgänge infor- miert gewesen wären, wollte Mall nicht bestätigen. Viele der damals handelnden Personen seien allerdings mittlerwei­le verstorben.

Im TSV werde man sich in einer Präsidiums­sitzung näher mit dem Thema beschäftig­en, kündigte Mall an. Man strebe nach „voller Transparen­z“, Mall sah aber den TSV trotzdem nicht in der Verantwort­ung. Man wolle den Skisport propagiere­n, es sei nicht die Aufgabe des TSV Geschehnis­se vor über 40 Jahren aufzukläre­n. Das obliege in einem Rechtsstaa­t – wie in der Causa 2005 – den Behörden.

Ob der ÖSV von den Vorfällen in Neustift etwas wusste, wollte Präsident Peter Schröcksna­del im „ZiB-2“-Interview am Montag nicht beantworte­n. „Das kann ich nicht sagen. Der ÖSV hat keinen Zugriff auf die Landesverb­ände. Wir haben einen Beschluss gefasst, dass wir sie auffordern, in dieser Richtung tätig zu werden.“(red)

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[ Reuters ] Das Idyll ist trügerisch und täuscht. Es laufen Ermittlung­en wegen sexueller Gewalt und Übergriffe­n statt Spaß am Sessellift und Pisten.

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