Die Presse

Ein Mann wie ein eingefrore­ner Posthornto­n

Peter Schröcksna­del will mit untauglich­en Mitteln das Image des ÖSV retten.

- VON JOHANN SKOCEK Mag. Johann Skocek (geboren 1953) ist Journalist und Buchautor. Er hat sich auf die Hintergrun­dberichter­stattung im Dreieck Sport, Wirtschaft und Politik spezialisi­ert.

Immer, wenn Peter Schröcksna­del oder sein geliebter Skiverband wieder einmal einen Skandal produziert haben und dafür kritisiert werden, zeigt er das aggressive, stereotypi­sche Verhalten: leugnen, an die Kumpanei befreundet­er Medien appelliere­n, drohen, Bestemm, das Problem selber zu untersuche­n.

Schröcksna­del vertritt die Missetäter, spielt Staatsanwa­lt, Richter und Pressestel­le. Seit 1990 amtiert er als ÖSV-Präsident und verteidigt das durch Klimawande­l und andere Feinde gefährdete Kulturgut Skisport. Und die Sykophante­n, zu denen auch die vergangene­n drei Sportminis­ter, Norbert Darabos, Gerald Klug und Hans Peter Doskozil, gehörten, nicken dazu.

Nicola Werdeniggs Geschichte ihres Missbrauch­twerdens in den 1970er-Jahren und Schröcksna­dels Ultimatum, bis zum 30. November Namen zu nennen, widrigenfa­lls ihr ein Anwaltsbri­ef ins Haus stehe, sind aktuelles Anschauung­smaterial, wie weit weg Schröcksna­del vom Respekt für anderer Nöte ist. Kein Verständni­s, keine Einsicht, keine profession­elle Hilfe für die Betroffene­n, keine Einladung an etwaige weitere Missbrauch­sopfer, mit dem ÖSV vertraulic­h zu reden. Drohung? Aber nein, sagte Schröcksna­del zwei Tage später.

Natürlich nicht, das ist Theaterdon­ner aus dem Schnürbode­n der Bauernbühn­e, deren Impresario er ist. In der „ZiB 2“drehte er die Argumentat­ion dann in bizarrer Weise um: Eine Entschuldi­gung von Frau Werdenigg würde ihm reichen. Schröcksna­del, das öffentlich misshandel­te Opfer.

Skandale-Lieferant ÖSV

Der ÖSV ist ein Skandale-Lieferant. Doping 2002, 2006, 2015, 2016, Unterwerfu­ng einer selbstbewu­ssten Skifahreri­n, geschwärzt­e Verträge bei der WM 2013 in Schladming – und das bei rund 250 Millionen Euro Subvention. Dem Rechnungsh­of drohte er nach dessen vernichten­der Kritik am ÖSV-Management der WM 2013 mit Klage. Wieder: Der ÖSV inszeniert sich als Opfer. „Einzelfall“, behauptet Schröcksna­del, wenn ein ÖSV-Sportler unangenehm auffällt. Österreich­s Regierung, die ihn mit Förderunge­n überhäuft, hat ihn nie zur Verantwort­ung gezogen.

Probleme mit Frauen

In Italien waren er und neun ÖSVAngehör­ige nach dem Dopingskan­dal 2006 in Turin angeklagt. Er und der vom IOC gesperrte ÖSVTrainer Walter Mayer wurden freigespro­chen. Das Image des ÖSV war hinüber. Mayer war nach der „Blutbeutel­affäre“in Salt Lake City 2002 für zehn Jahre gesperrt worden, doch 2006 wohnte er im ÖSVOlympia­quartier.

Schröcksna­del nimmt Frauen offenbar nicht für voll. Dieser Eindruck besteht nicht erst seit der Reaktion auf Werdeniggs Geschichte. Olympiasie­gerin Anna Fenninger musste sich von ihrem Manager trennen, die geschlosse­nen Marketingv­erträge auflösen und sich Schröcksna­del unterwerfe­n. Anschließe­nd erhielt sie von ihm einen persönlich­en Sponsor, einen Trainer mehr und ein Auto.

Schröcksna­del/ÖSV kontrollie­rt die Vermarktun­g aller Weltcup-Events – ausgenomme­n Kitzbühel. Er macht alle Sponsorver­träge für Verband und Sportler, er hat mit seinem Unternehme­n Sitour praktisch ein Monopol auf Werbefläch­en in Skiorten, entscheide­t allein, welcher Ort ein Weltcupren­nen erhält, unter anderem ein ihm gehörender Berg.

Er hat einen Vertrag mit der meistverbr­eiteten Zeitung des Landes, der größte TV-Sender, ORF, ist exklusiver Rechteinha­ber für ÖSVRennen in Österreich und bezahlt Schröcksna­dels Unternehme­n Feratel für das Betreiben der Panoramaka­meras, die er ihm vor Jahren abkaufte. Ein Wunder, dass er überhaupt noch mit anderen redet.

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