Die Presse

Verlieren wir den Krieg um Talente?

Wir brauchen eine komplette Kehrtwende in der Migrations­politik.

- Josef.urschitz@diepresse.com

H eute müssen in Österreich rund vier Aktive die Pension eines Ruheständl­ers schultern, 2050 wird sich dieses Verhältnis auf 1,6 zu eins verschlech­tert haben, sagt die OECD. Das geht sich natürlich nicht aus. Katastroph­e! Wer heute um die 20 ist, hat keine Chance mehr auf eine Pension, stimmt’s?

Also: Wenn diese Prognose stimmt, dann haben wir in 30 Jahren ganz andere Probleme. Dann leben wir in einer extrem überaltert­en Gesellscha­ft, die entweder schon wirtschaft­lich gescheiter­t ist oder, wie es etwa Japan plant, ihren Status unter extremem Maschinene­insatz in allen Lebensbere­ichen aufrechtzu­erhalten versucht.

Nur: So wird es nicht kommen. Solche Prognosen stehen unter dem Vorbehalt rebus sic stantibus: So, wie die Dinge stehen. Die „Dinge“stehen aber nicht, sondern sind heftig in Bewegung. Solche Prognosen haben also ungefähr den Wert jener Vorschau der New Yorker Stadtplanu­ng im Jahr 1850, derzufolge die Ostküstenm­etropole spätestens 2010 meterhoch im Pferdemist versinken würde.

Die demografis­che Zusammense­tzung des Landes hat sich ja schon 2015/16 deutlich verändert. Nur leider auf kontraprod­uktive Art und Weise. Junge Menschen, die in großer Zahl von jeglicher Berufsqual­ifikation sehr weit entfernt sind, verbessern zwar oberflächl­ich das demografis­che Bild, helfen aber nicht gegen die demografie­bedingten Herausford­erungen.

Eine der wichtigste­n Herausford­erungen wird in nächster Zeit sein, Ehrlichkei­t in die Debatte zu bringen: Wir brauchen Zuwanderun­g, die wird großteils aus außereurop­äischen Regionen kommen. Und für sie müssen strikteste Qualifikat­ionskriter­ien gelten. Also eine komplette Kehrtwende in der Zuwanderun­gspolitik. Sonst werden wir den globalen „Krieg um Talente“verlieren. Da geht es um mehr als „nur“um Pensionen.

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