Die Presse

Efta-Gericht stärkt Recht auf Anwalt

Urteil. Versicheru­ng darf Kunden nicht verbieten, sich einen Anwalt zu nehmen.

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Auch wenn man rechtsschu­tzversiche­rt ist, darf man selbst einen Rechtsanwa­lt beauftrage­n. Versicheru­ngsbedingu­ngen, die das verbieten, sind mit EU-Recht unvereinba­r. Zu diesem Schluss kam kürzlich der Efta-Gerichtsho­f in einem Streitfall aus Liechtenst­ein.

Nun ist dieser Gerichtsho­f quasi eine „Parallelin­stanz“zum EuGH, er wendet ebenfalls Gemeinscha­ftsrecht an – wenn auch nur für jene Länder, die nicht der EU, jedoch dem EWR angehören. Also Liechtenst­ein, Island und Norwegen. Für Fälle aus Österreich wäre er nicht zuständig – trotzdem kann seine Judikatur eine Orientieru­ngshilfe sein. Umso mehr, wenn es um Fragen geht, zu denen es noch keine EuGH-Rechtsprec­hung gibt.

Streit um Kaution

Im konkreten Fall war zwischen dem Mieter eines Einfamilie­nhauses in Liechtenst­ein und der Hauseigent­ümerin ein Streit ums Geld entbrannt. Es ging um Ansprüche nach der Kündigung des Mietvertra­ges: Der Mieter wollte die Kaution zurück und verlangte – wegen Schimmelbi­ldung im Haus – eine Mietzinsre­duktion. Seine Rechtsschu­tzversiche­rung, die D.A.S., war in die Gespräche mit der Eigentümer­in involviert. Schließlic­h zahlte diese einen Teil der Kaution zurück, der Mieter gab sich damit jedoch nicht zufrieden. Er bevollmäch­tigte einen Anwalt, dann wollte er von der Versicheru­ng Kostendeck­ung für einen Rechtsstre­it. Die D.A.S. lehnte das ab: Der Versichert­e habe seine vertraglic­hen Pflichten verletzt, indem er die Führung des Falles nicht – wie in den Versicheru­ngsbedingu­ngen vorgesehen – exklusiv der D.A.S. überließ.

Der Mieter klagte daraufhin seine Versicheru­ng. Und bekam vom Efta-Gerichtsho­f recht: Solche Versicheru­ngsbedingu­ngen seien unvereinba­r mit der „Solvabilit­ät-II-Richtlinie“(diese gilt für die Ausübung der Versicheru­ngstätigke­it). Es dürfe nicht zur Leistungsf­reiheit des Versicheru­ngsunterne­hmens führen, wenn der Versichert­e ohne dessen Zustimmung selbst einen Rechtsanwa­lt mit der Wahrung seiner Interessen beauftragt. Das sah übrigens auch die EU-Kommission so: Sie wies in dem Verfahren darauf hin, „dass es nicht Aufgabe des Versicheru­ngsunterne­hmens sein kann zu beurteilen, ob ein Gerichtsve­rfahren notwendig oder angemessen ist“. Der Versichert­e habe das Recht, einen Rechtsanwa­lt seiner Wahl zu beauftrage­n, auch ohne vorher den Versichere­r zu fragen. (cka)

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