Toller Brahms, enttäuschender Schumann
Julian Rachlin und Freunde konnten im Brahmssaal des Musikvereins nur teilweise überzeugen.
Der aus Litauen stammende, längst zum Wiener gewordene Julian Rachlin hat als Geigenvirtuose begonnen, bald seine Liebe für die Bratsche erkannt und mittlerweile eine dritte Karriere als Dirigent begonnen. Grund genug, ihn in einem Zyklus im Musikverein zu präsentieren. Nach einem Beethoven-Programm mit dem English Chamber Orchestra gelten die weiteren Abende der Kammermusik.
Den ersten eröffnete er mit dem Klarinettenkonzert von Brahms, gemeinsam mit dem russischen Geiger Boris Brovtsyn, der kanadischen Bratschistin (und Geigerin) Sarah McElravy, dem deutschfranzösischen Cellisten Nicolas Altstaedt und dem aus Wien gebürtigen Soloklarinettisten der Berliner Philharmoniker Andreas Ottensamer. Eine internationale Mischung exzellenter Musiker, die so perfekt miteinander harmonierten, als wären sie seit Jahren ein festes Ensemble. Dabei setzte der feinfühlig und mit nobler Eleganz seinen Part ausführende Klarinettist die wesentlichen Akzente. Er bestach mit exemplarischer Legatokultur und einem untrüglichem Sinn für Übergänge, was auch die Streicher zu minutiösem Spiel inspirierte.
Pianist Kuzhukhin: wenig flexibel
Weniger überzeugte der Teil nach der Pause. Lag es an der Auswahl der Stücke oder an dem hier mitwirkenden Pianisten, Denis Kuzhukhin? Er kontrapunktierte mit seinem auch dynamisch wenig flexiblen Spiel die ungleich subtilere Lesart seiner Partner Rachlin und Ottensamer bei Schumanns späten Märchenerzählungen Opus 132, die sich, voll der melodischen und rhythmischen Überraschungen, tradierten Formen entziehen.
Auch bei Schumanns Klavierquintett Opus 44 setzte Kuzhukhin vor allem auf kraftvoll vorwärtsdrängende Virtuosität, zeigte ein unterschiedlich passendes Faible für Tempobeschleunigung und ließ den mit ebensolcher Impulsivität, aber ungleich mehr Noblesse phrasierenden Streicher nicht immer genügend Raum für ihre Soli. Das führte zwar zu einer schwungvollen, mit kräftigen Farben gezeichneten Darstellung dieses Es-DurWerks. Sein intimer Reiz und seine Poesie wurden aber zu wenig herausgearbeitet, vor allem zu Lasten des langsamen Satzes.