Als der Mars im Dampfbad war
Astronomie. Das Rätsel der Entstehung der Tonmineralien des Nachbarn ist gelöst: Sie bildeten sich durch eine wasserreiche Atmosphäre, die extrem heiß und dicht war.
Die ältesten Gesteine auf dem Mars haben 4,1 bis 3,7 Milliarden Jahre auf dem Buckel, man nennt die entsprechende Periode die noachische. Das kommt von Noah, und vielleicht nahm man einmal an, der gesamte Mars sei von Wasser überflutet gewesen. Das war er nie, aber noch vor der noachischen Periode hatte er, wie die Erde auch, rundum einen Ozean aus kochendem Magma. Die kam mit der Entstehung des Planeten vor 4,5 Milliarden Jahren, 40 Millionen Jahre später bildete sich die Kruste – das weiß man von Marsmeteoriten –, dann kühlte sie langsam ab und gaste aus, vor allem Wasser und Kohlendioxid.
Diese waren in der Atmosphäre unter so hohem Druck und so hohen Temperaturen, dass sie überkritisch wurden – das ist ein Zustand, in dem sich Flüssigkeiten und Gase nicht unterscheiden lassen –, und sie sollen nun das Rätsel lösen, warum es auf dem Mars so viele Tonminerale gibt.
Das hat man lange damit zu erklären versucht, dass der noachische Mars warm und feucht war, beides braucht es, damit Basalt sich mit Wasser zu Tonmineralen zusammenfindet, 500 bis 700 Millionen Jahre hätte das gedauert. Alle derzeitigen Klimamodelle deuten aber darauf, dass der Mars schon damals kalt geworden war und die Temperaturen kaum über den Gefrierpunkt gingen, da kann kein Ton entstehen. Wie kam er dann? Möglicherweise durch die kochende Atmosphäre. Die haben Kevin Cannon und John Mustard (Brown University) im Labor nachgestellt, und sie haben ihr Basalt in Marszusammensetzung ausgesetzt. Nach kurzer Zeit war er in Ton verwandelt: „Es war bemerkenswert, wie schnell und umfangreich das ging“, berichtet Cannon (Nature, 6. 12.).
Der liegt nach Simulationen von Cannon und Mustard in einer Schicht rund um den Mars in 15 bis 25 Kilometern Tiefe – bedeckt von Staub und Vulkangestein –, regional ist er aber auch auch exponiert, er zeigt sich an drei Prozent der Oberfläche, etwa im Norden des Planeten, wo es einmal den Einschlag eines großen Himmelskörpers gab. Dem sind Cannon/ Mustard im nächsten Schritt nachgegangen, sie haben große Vulkanausbrüche und noch größere Einschläge rekonstruiert, es passte von der Größenordnung her zur Menge des Tons, der an der Marsoberfläche exponiert ist.
Nächster Mars-Rover soll klären
Allerdings hat der eine andere Komposition als der im Labor erzeugte, er muss im Lauf der Jahrmilliarden umgearbeitet worden sein. So wie auf der Erde, durch Plattentektonik, kann das nicht geschehen sein, der Mars hat keine (im Gegenzug hat die Erde, die so alt ist wie der Mars, keine Gesteine, die älter sind als 3,5 Milliarden Jahre, man kann nur indirekt vom Mars schließen, dass auch ihre Atmosphäre kochte). Wodurch dann? Zum Klären müsste ein Mars-Rover Tongesteine analysieren. Da trifft es sich, dass Mustard in dem Komitee ist, das die Route des nächsten – „Mars 2020“– plant.
Was bedeutet das nun alles für die Frage nach Leben resp. seiner Bedingung – flüssigem Wasser – auf dem Mars? Das ist durch die kochende Atmosphäre und die anschließende Einbindung des Wassers in Tonmineralien nicht ausgeschlossen: „Wenn die Lager erhitzt wurden, durch Vulkanismus oder andere Prozesse, hätte das Wasser freigesetzt und die Oberfläche zeitweise damit versorgen können“, schließt Ko-Autor Steve Parman.