Die Presse

Erdogan˘ ruft Muslime zu einem Gipfel

Reaktionen. Der Nahe Osten ist in Aufruhr. Die Arabische Liga trat am Samstag zusammen, am Mittwoch auf Einladung der Türkei die OIC.

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Tunis. Lange nicht mehr waren sich die Muslime des Nahen Ostens in ihrer Empörung über Donald Trump so einig, wie über seinen Plan, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkenn­en. Die chronisch zerstritte­ne Arabische Liga trifft sich am Samstag zu einer Krisensitz­ung. Das Vorgehen sei ein „klarer Angriff auf die arabische Welt sowie auf die Rechte der Palästinen­ser, aller Muslime und Christen“, hieß es zur Begründung.

Der türkische Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan˘ rief für Mittwoch die „Organisati­on für Islamische Zusammenar­beit“(OIC) in Istanbul zusammen, bei der die Türkei gegenwärti­g den Vorsitz führt. „Jerusalem ist unsere Ehre, Jerusalem ist unser gemeinsame­s Anliegen, Jerusalem ist unsere rote Linie“, erklärte Erdogans˘ Sprecher, dessen Chef Israel bereits Anfang der Woche gedroht hatte, die erst vor einem Jahr reparierte­n diplomatis­chen Beziehunge­n zu kappen.

Saudiarabi­ens König Salman nannte die Pläne des Weißen Hauses einen „gefährlich­en Schritt, der alle Muslime auf der Welt provoziere“– harsche Worte, wie es sie aus Riad gegenüber dem saudischen Lieblings- präsidente­n Donald Trump bisher noch nicht gegeben hat. Etwas moderater reagierten die Staatschef­s von Jordanien und Ägypten, die beide seit Jahrzehnte­n Milliarden­zahlungen aus Washington erhalten. Eine solche Entscheidu­ng „unterhöhle die Wiederaufn­ahme des Friedenspr­ozesses“, warnte Jordaniens Monarch Abdullah II., der als Oberhaupt des haschemiti­schen Königshaus­es der offizielle Hüter der Al-Aqsa-Moschee auf dem Tempelberg ist. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi, der sich gerne seiner Nähe zu Trump rühmt, beschwor nach eigenen Worten den US-Präsidente­n, die Situation in der Region nicht zu verkompliz­ieren.

Der Iran und Syrien aber nahmen sich kein Blatt vor den Mund. Damaskus warf Washington vor, es verachte das internatio­nale Recht. Teherans Präsident Hassan Rohani erklärte, die Islamische Republik werde „diese Verletzung von islamische­n Heiligtüme­rn“nicht tolerieren. Irans Oberster Revolution­sführer Ali Khamenei bezeichnet­e das amerikanis­che Ansinnen als „verzweifel­ten Schachzug“, um von der „eigenen Lähmung und Inkompeten­z“abzulenken. (m.g.)

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