Der tiefe Fall der Steinhoff-Aktie
Die Aktie wird zum Spielball von Spekulanten. Experten raten, die Hände von dem Papier, das stark an Wert verloren hat, zu lassen. Die deutsche Aufsicht Bafin prüft.
Frankfurt. Der Kursverfall bei den Aktien des deutsch-südafrikanischen Möbelhändlers und Kika/ Leiner-Eigentümers Steinhoff ruft die deutsche Finanzmarktaufsicht Bafin auf den Plan. Es sei eine routinemäßige Überprüfung des Handels mit Steinhoff-Aktien eingeleitet worden, sagte eine Bafin-Sprecherin am Freitag. Das Unternehmen steht seit August wegen des Verdachts auf Bilanzfälschung im Visier der Justiz.
Am Dienstag war der langjährige Vorstandschef Markus Jooste zurückgetreten. Seitdem haben die im Nebenwerteindex MDAX gelisteten Aktien mehr als 80 Prozent ihres Wertes eingebüßt.
Die Aktionäre brauchen starke Nerven: Zwischenzeitlich lösten sich rund 13 Milliarden Euro an Börsenwert in Luft auf. Auch eine leichte Erholung des Kurses im Laufe des Freitagvormittags änderte nichts an der trüben Lage.
Milliarden vernichtet
Die Aktien sackten Freitagfrüh um weitere 41 Prozent bis auf ein neues Tief von 0,35 Euro ab. Ende November hatten sie mit 3,50 Euro noch das Zehnfache gekostet. Noch deutlicher wird der tiefe Fall, wenn man den gesamten Börsenwert betrachtet – dieser betrug zwischenzeitlich nur noch 1,5 Mrd. Euro, nach zuvor 14,8 Mrd. Euro.
Angesichts der massiven Ausschläge der Aktie schaut sich die deutsche Finanzaufsicht Bafin den Kursverlauf nun an. Es handle sich um reine Routine, sagte eine Sprecherin. Zuletzt lag der Kurs wieder fünf Prozent im Plus gegenüber dem Vortag bei 0,62 Euro.
Die Commerzbank hat sämtliche Schätzungen zum Geschäftsverlauf bei Steinhoff und zur Entwicklung der Aktie zurückgezogen. Solange das Ergebnis der Untersuchung der beauftragten Wirtschaftsprüfer von PwC nicht vorliege, gebe es keine verlässliche Grundlage für irgendwelche Prognosen, schrieb die Bank.
Grundsätzlich raten Analysten und Händler überwiegend dazu, die Finger von der Steinhoff-Aktie zu lassen. Zu groß sei die Verunsicherung. Dazu trägt auch das Faktum bei, dass sich die mit dem Rücken zur Wand stehende Kika/Leiner-Mutter mit wichtigen Kreditgebern treffen möchte. Bereits am Montag soll ein Treffen mit Kreditgebern von zwei wichtigen Säulen der Finanzierung des Unternehmens stattfinden, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg am Donnerstag mit Verweis auf drei mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtete. Dabei handle es sich um eine Kreditlinie über 2,9 Milliarden Euro sowie einen Kredit über vier Milliarden Dollar (3,4 Milliarden Euro), den Steinhoff für die Übernahme des US-Unternehmens Mattress Firm aufgenommen hatte. An der Börse sorgte dies für weitere Verunsicherung. Steinhoff selbst war vorerst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Moody’s senkt Rating
Jedenfalls ist die Aktie zum Spielball der Spekulanten geworden. „Sie ist nur noch ein Zockerpapier“, sagte ein Händler am Freitag. „Keiner weiß, was im Moment bei Steinhoff abgeht. Das ist die reinste Wundertüte.“Die Ratingagentur Moody’s senkte ihre Bonitätsnote für Steinhoff von „Baa3“auf „B1“– damit werden Anleihen des Konzerns als Ramsch bewertet.
Anleger fürchten nun den Rauswurf aus dem deutschen Nebenwerteindex MDAX. „Wenn das so weitergeht, fliegen sie raus“, sagte ein Händler, „dann reicht es wahrscheinlich nicht einmal mehr für den SDAX.“
Die auch an der Börse in der südafrikanischen Stadt Johannesburg notierten Aktien waren einst Anwärter für den Leitindex DAX. Steinhoff ist immerhin nach Ikea der weltweit zweitgrößte Möbelkonzern. (ag.)