Neuer Biomarker für Brustkrebs
Forscher der Med-Uni Graz entdeckten ein Protein, das in aggressiv wachsenden Brustkrebszellen vermehrt vorkommt. Es gibt als Biomarker Auskunft über die Heilungschancen.
Die Entdeckung des Proteins GIRK-1 passierte eher zufällig. Davor eigentlich nicht mit Krebs in Zusammenhang gebracht, zog es die Aufmerksamkeit auf sich, als Biophysiker es auffällig häufig in Brustkrebspatientinnen mit Lymphknotenmetastasen fanden. Dort ist es Teil eines Ionenkanals, der wichtige Zellfunktionen steuert. Die Frage war, ob GIRK-1 eine Rolle im Krankheitsverlauf dieser Frauen spielen könnte und wenn ja, welche. Das herauszufinden hat sich der Onkologe Thomas Bauernhofer zur Aufgabe gemacht. Er ist stellvertretender Leiter der Klinischen Abteilung für Onkologie der Uniklinik Graz.
Seit vier Jahren wird seine Forschung vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF unterstützt, Bauernhofer und seine Kollegen haben dafür eigens die Forschungseinheit „Ion Channels and Cancer Biology“geschaffen. Sie wollen herausfinden, welche Rolle Ionenkanäle für das entartete Verhalten von Brustkrebszellen spielen. Und wie sich das Protein GIRK-1 in der Behandlung nutzen lässt. Sie leisten damit Pionierarbeit in einem noch relativ jungen Forschungsfeld.
Wandernde Krebszellen
Ionenkanäle steuern das Gleichgewicht von Elektrolyten wie Kalium, Natrium und Calzium innerhalb und außerhalb der Zelle. Um richtig funktionieren zu können, muss die Zelle deren Konzentrationen exakt regulieren. Nervenzellen etwa leiten Informationen durch sprunghafte Veränderungen von Ionenkonzentrationen, die Pumpkraft des Herzens hängt ebenso davon ab. Ionenkanäle bestimmen also die wichtigsten Funktionen unseres Körpers, in vollkommen verschiedenen Geweben. Ebenso in Krebszellen.
„In der Krebsforschung spielten Ionenkanäle bisher eine untergeordnete Rolle“, erklärt Bauernhofer. „Im Fokus standen vorwiegend Wachstumsfaktoren und Rezeptoren an den Zellen, die man mit Medikamenten zu beeinflussen versucht.“
Doch inzwischen weiß man, dass Ionenkanäle neben Wachstumsfaktoren und Hormonen einen weiteren biologischen Aspekt beim Brustkrebs darstellen. Sie beeinflussen die Fähigkeit der Krebszelle, in andere Gewebe auszuwandern, also Metastasen zu bilden oder sich vor dem Immunsystem zu „verstecken“. Diese Kanäle nun für therapeutische Zwecke manipulieren zu können, wäre von großem Vorteil. Dass Ionenkanäle jedoch für gesunde Zellen im Körper ebenfalls lebenswichtige Funktionen haben, stellt die Wissenschaft vor ein Problem.
Das Wachstum blockieren
Das neu entdeckte Protein GIRK-1 ist ein Baustein des Kalium-Ionenkanals in Krebszellen. Bei einem Teil der Brustkrebspatientinnen fanden Bauernhofer und seine Forscherkollegen große Mengen davon. Es war jener Teil der Frauen, deren Lymphknoten stark von Krebszellen befallen waren und die somit schlechtere Chancen auf Heilung hatten.
Für die Mediziner besonders interessant war, dass das Protein nur bei Patientinnen vermehrt zu finden war, die an einer eigentlich gut therapierbaren Form des Brustkrebses litten. Die Zellen ihrer Tumore wiesen nämlich Rezeptoren für das Hormon Östrogen auf, das ihr Wachstum stimulierte. Man nennt diese Tumore deshalb auch hormonsensitiv. Mit Medikamenten, die genau jene Rezeptoren blockieren, können sie heute sehr gut in ihrem Wachstum gehemmt und behandelt werden.
nennt man in der Medizin Messwerte oder \estimmte Su\stanzen, die Auskunft ü\er eine Krankheit oder deren weiteren Verlauf ge\en. In der Onkologie sind das z. B. Tumormarker wie das PSA \eim Prostatakarzinom oder CA15-3 \eim Brustkre\s. Brustkre\s ist die häufigste Kre\serkrankung \ei Frauen, etwa jede achte ist \etroffen. Die Heilungschancen sind von Frau zu Frau sehr unterschiedlich. Warum das so ist, ist noch nicht zur Gänze geklärt. Das entdeckte Protein könnte neue Antworten liefern. Der sogenannte Hormonstatus ist also entscheidend für die Möglichkeiten zu therapieren und einer der Gründe, warum manche Brustkrebspatientinnen eine schlechtere Prognose haben als andere.
Nutzen für die Therapie?
Bauernhofer und seine Kollegen konnten beobachten, dass jene Tumorzellen, die trotz ihrer Hormonsensitivität wider Erwarten schlecht auf die Therapie ansprachen, das Protein GIRK-1 in großen Mengen enthielten. „Das Protein scheint ein aggressiveres Ausbreiten der Zellen zu bewirken, den Mechanismus dahinter kennen wir noch nicht“, so Bauernhofer. „Es gibt uns aber Informationen darüber, wie der weitere Krankheitsverlauf aussehen wird. Und ob die betroffene Frau von antihormoneller Therapie profitieren wird oder nicht.“
GIRK-1 kann also als sogenannter Biomarker verwendet werden. Ob es auch ein mögliches Ziel von Medikamenten sein könnte, das wollen die Forscher im nächsten Schritt herausfinden.