Die Presse

„America first“wird Staatsdokt­rin

USA. In Washington wird heute die neue Sicherheit­sstrategie der Regierung Trump vorgestell­t. Die USA werden noch mehr auf eigene Interessen schauen und riskieren Krach auch mit alten Partnern.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS SEIBERT

In Washington wird heute die neue Sicherheit­sstrategie der Regierung Trump vorgestell­t. Die USA werden künftig noch mehr auf eigene Interessen schauen und riskieren Krach auch mit alten Partnern.

Washington. Die USA wollen künftig ihre Interessen in der internatio­nalen Sicherheit­s- und Wirtschaft­spolitik notfalls allein und ohne ihre alten Partner durchsetze­n: Das ist der Grundtenor einer neuen Sicherheit­sstrategie, die Präsident Donald Trump heute vorstellen will.

Zwar betont die Regierung die Bedeutung internatio­naler Zusammenar­beit, doch unterstrei­cht das 70-Seiten-Papier laut Medienberi­chten vor allem das Motto „Amerika zuerst“. Es signalisie­re eine Abkehr von der Politik vieler Jahrzehnte und lasse neue Spannungen mit Verbündete­n erwarten.

Trump hatte die Partner in Europa und Asien mehrmals mit Vorstößen und Äußerungen verstört, die einen neuen Unilateral­ismus und wirtschaft­spolitisch­en Protektion­ismus andeuteten. Schon in seiner Antrittsre­de hatte er das Thema des „America first“betont. Von einer „transaktio­nalen Außenpolit­ik“ist die Rede, bei der die USA einen konkreten Gegenwert für internatio­nales Engagement er- warten. Trump verkündete den Ausstieg aus dem Pariser Klimavertr­ag und der Unesco. Den Vertrag über die nordamerik­anische Freihandel­szone Nafta will er mit Kanada und Mexiko zugunsten der USA neu verhandeln. Nun liegt eine entspreche­nde Doktrin vor, die ein auf Kooperatio­n bauendes Strategiep­apier Barack Obamas von 2015 ablöst. Sollte Trump seine Leitlinien konsequent umsetzen, wäre das letztlich eine Abkehr von Grundsätze­n der seit 1945 geltenden US-Sicherheit­spolitik.

„Die Ferien sind vorbei“

Trumps Sicherheit­sberater Herbert Raymond McMaster sagte, die Strategie ruhe auf vier Säulen: Verteidigu­ng des Territoriu­ms, Schutz des US-Wohlstands, Erhalt des Friedens durch Stärke, Ausweitung des Einflusses in der Welt. „Prinzipien­fester Realismus“sei das, die „Ferien“der US-Sicherheit­spolitik, die nach dem Ende des Ostblocks begonnen hätten, seien vorbei.

Nicht überall ist klar, welche Folgen das hat. Russland und China werden als potenziell­e Störer der Weltordnun­g und Gegner definiert, Länder wie der Iran und Nordkorea als „Schurken“. McMaster warf Russland eine globale Desinforma­tionskampa­gne vor, während Trump eine solche Kritik bisher vermied. Richard Haass, Chef der Denkfabrik „Council on Foreign Relations“, befürchtet, Trump könnte einen Handelskri­eg mit Peking vom Zaun brechen.

Wie Obamas Papier betont Trumps Doktrin die Bedrohung durch den Islamismus und hier dann doch die Notwendigk­eit der Zusammenar­beit mit Partnern, um dem zu begegnen. Dabei müsse es aber Gegenleist­ungen geben, so McMaster. Beispiele dafür gibt es schon, etwa die Forderung nach höheren Verteidigu­ngsausgabe­n der Nato-Partner.

Taktischer Sieg an Steuerfron­t

Trump sieht Weltpoliti­k als Konkurrenz­kampf von Staaten, wo jeder das Beste für sich erringen will. Das kann bisweilen Bündnisse attraktiv erscheinen lassen, dann wieder ein isoliertes Vorgehen. Künftig sei man an „fairen“Beziehunge­n interessie­rt, die Amerika einen klaren Nutzen bringen. Völkerrech­tliche Verträge aber gelten als potenziell nachteilig.

Indes hat die von Trump geplante Steuerrefo­rm eine weitere Hürde übersprung­en und könnte kommende Woche endgültig vom Kongress verabschie­det werden: Zwei Republikan­er, die bisher opponierte­n, gaben ihren Widerstand auf. Senator Marco Rubio ließ über seine Sprecherin erklären, dass er in das „Ja“-Lager gewechselt sei. Ähnlich äußerte sich Senator Bob Corker. Im Repräsenta­ntenhaus soll der von beiden Kammern überarbeit­ete Entwurf am Dienstag zur Abstimmung gestellt werden. Dort haben die Republikan­er eine große Mehrheit. Danach ist der Senat am Wort, wo Trumps Partei 52 der 100 Sitze hat.

Die Reform sieht unter anderem eine Senkung der Körperscha­ftsteuer von 35 auf 21 Prozent vor – und damit unter den Schnitt der Industries­taaten von 22,5 Prozent. Die Demokraten und andere Kritiker sehen in der Reform vor allem ein Projekt für die Reichen und Konzerne. Das Vorhaben würde zudem den US-Schuldenbe­rg von aktuell 20 Billionen Dollar binnen zehn Jahren Berechnung­en zufolge um weitere rund 1,4 Billionen wachsen lassen.

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[ AP ] „America first“wird es laut „Trump-Doktrin“nicht zuletzt bei der Militärpol­itik heißen. Man wird etwa wohl nicht mehr so oft auf Partner und deren Position Rücksicht nehmen.

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