Die Presse

Präsident Pragmatisc­h

- VON RAINER NOWAK

Präsident klingt schon wie Allmachtsf­antasie. Im Wahlkampf um die Hofburg überboten sich Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen in Ideen, welche Regierung sie wann und warum ablösen beziehungs­weise wen sie justament nicht angeloben werden würden. In der Realität lautet die verfassung­srechtlich vage Rolle des Präsidente­n: in endlosen Gesprächen das Schlimmste verhindern und noch das Beste heraushole­n.

Genau dies hat Van der Bellen getan: mit Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache ein tragfähige­s Gesprächsk­lima aufbauen und Risken für den funktionie­renden Rechtsstaa­t ausschalte­n. Er schloss manche FPÖ-Rabauken von An- fang an plakativ aus. Er setzte sich für eine juristisch gebildete Staatssekr­etärin im Innenresso­rt ein und verlangsam­te den Umbau der repräsenta­tiven Demokratie in eine Schweiz mit Krone und FPÖ-TV.

Applaus bekommt Van der Bellen dafür keinen. Politiker und Journalist­en links der Mitte meinen: Er hätte die FPÖ, Minister und Ressortver­teilung verhindern – und wie Thomas Klestil säuerlich auf Konfrontat­ion gehen müssen. Dass die SPÖ Schwarz-Blau durch eine JuniorRegi­erungsbete­iligung gar nicht zu verhindern versuchte, bleibt ebenso unerwähnt wie die einstige Ohnmacht Klestils. Es geht schließlic­h nicht um die (Staats)Sache, sondern um die politische Show.

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