Die Presse

Beamter klagte bei Höchstgeri­cht 4,14 Euro ein

Pensionsab­rechnung. Weil Innsbruck ihm drei Monate lang je 1,38 Euro vom Ruhebezug abgezogen hatte, klagte ein pensionier­ter Beamter die Stadt beim Verfassung­sgerichtsh­of. Und bekam recht, weil die gesetzlich­e Grundlage fehlte.

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Wien. „De Minimis non curat praetor“, hieß es einst im Alten Rom: „Um Kleinigkei­ten kümmert sich der Magistrat nicht.“Ins Heute übertragen hat der Spruch noch immer seine besondere Gültigkeit, wobei er allerdings mit dem Zusatz zu ergänzen wäre: Statt dessen kümmert sich der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH).

Nach 30 Jahren im Dienst der Stadt Innsbruck war ein Beamter am 1. Mai 2016 in den Ruhestand getreten. Bis August erhielt er seine monatliche Bezugsabre­chnung nur in digitaler Form, danach wollte er die Unterlagen auch jeden Monat auf Papier beziehen. Die Stadtverwa­ltung verlangte dafür 1,38 pro Bezugsnach­weis, nachdem sie eigenen Angaben zufolge den Beamten in Ruhe auf die Kostenpfli­cht aufmerksam gemacht hätte und darauf, dass sie nicht zur postalisch­en Zusendung verpflicht­et sei. „Trotz Missfallen“habe sich der Mann einverstan­den erklärt.

Das behauptet jedenfalls die Stadt. Der Mann aber verlangte noch vor Jahresende 2016 das Geld zurück, das ihm in den Monaten Oktober bis Dezember vom Ruhebezug abgezogen worden war, in Summe 4,14 Euro. Und weil er die nicht bekam, klagte er die Stadt vor dem VfGH. Dieser hat ausnahmswe­ise über die Berechtigu­ng von Geldforder­ungen zu entscheide­n, wenn weder Zivilgeric­hte noch Verwaltung­sbehörden zuständig sind.

Gesetzlich­e Grundlage fehlt

Genau das ist hier der Fall: Die Forderung hat ihren Ursprung im öffentlich-rechtliche­n Dienstverh­ältnis des Mannes, aus dem sich sein bescheidmä­ßig festgesetz­ter Ruhebezug ergibt. Auch der Anspruch auf Auszahlung ist von öffentlich-rechtliche­r Natur, sodass kein ordentlich­es Gericht darüber entscheide­n kann. Es gibt aber auch keine gesetzlich­e Grundlage dafür, dass eine Verwaltung­sbehörde über die 4,14-Euro-Forderung abspricht. Also muss der VfGH dafür herhalten.

Und der sagt, in kleiner Besetzung, also durch Präsident Gerhart Holzinger und vier weitere Mitglieder: „Die Klage ist begründet“(A 6/2017). Die Einbehaltu­ng von Teilen öffentlich-rechtliche­r Bezüge sei nur zulässig, wenn es dafür eine gesetzlich­e Grundlage gebe. Nicht einmal die Stadt selbst behauptete, dass eine solche existiere; sie meinte, aus wirtschaft­lichen Gründen die Spesen für den Druck, die Verwaltung und die Versendung der monatliche­n Aufstellun­g verlangen zu müssen. Außerdem, so teilte der Stadtmagis­trat dem VfGH mit, sei der Abzug dem Kläger in einem Telefonat erklärt worden, und der habe ihm zugestimmt.

Das freilich kann eine gesetzlich­e Grundlage nicht ersetzen, soweit der VfGH über den Fall zu entscheide­n hat. Deshalb muss die Stadt 4,14 Euro plus 4% Zinsen ab dem Tag der Klage zurückzahl­en. Sollte sie sich aber auf eine privatrech­tliche Vereinbaru­ng mit dem Kläger über die Spesen stützen, dann müsste sie ihn ihrerseits im ordentlich­en Rechtsweg klagen, so der VfGH.

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