Geld weg: Steuerberater haftet nicht
Schadenersatz. Eine Mitarbeiterin ließ das Steuerguthaben eines Klienten auf ihr eigenes Konto überweisen. Weil das nicht von ihrem Arbeitsauftrag umfasst war, haftet der Arbeitgeber nicht.
Wien. Über die Rückzahlung eines Steuerguthabens freuen sich die meisten. Aber nur, wenn es auf dem eigenen Konto landet. Doch haftet eine Wirtschaftsprüfungskanzlei dafür, wenn eine Mitarbeiterin die Steuerrückzahlung eines Klienten für sich selbst verwendet? Eine Frage, die es vor dem Obersten Gerichtshof zu klären galt.
Die Kanzlei hatte von einer GmbH die Vollmacht erhalten, sie in allen steuerlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten zu vertreten. Als Hauptansprechpartner wurde der GmbH eine Frau zugeteilt, die in der Kanzlei im Bereich Buchhaltung und Lohnverrechnung angestellt war. Sie arbeitete schon einige Jahre in diesem Büro, vor ihrer Anstellung hatte man ihre Verlässlichkeit anhand der Dienstzeugnisse und durch eine Internetrecherche überprüft. Die Frau durfte den Kanzleistempel verwenden, und sie erhielt einen Finanz-Online-Zugang mit beschränkten Rechten. So durfte sie Abfragen tätigen und als gefahrlos geltende Anträge einbringen, etwa wenn es um Fristenverlängerungen oder Ratenansuchen ging.
Rückzahlungen vom Finanzamt einzufordern war der Mitarbeiterin aber nicht erlaubt. Das sollte dem Geschäftsführer der als Kommanditgesellschaft geführten Kanz- lei überlassen bleiben. Wobei Anträge auf Rückzahlungen nur nach schriftlicher Aufforderung seitens eines Mandaten und dann in Online-Form gestellt werden.
Abgezweigtes Geld ausgegeben
Die Mitarbeiterin aber druckte das Kundenkonto aus, zu dem sie ja Zugang hatte. Sie versah es mit dem Firmenstempel und legte dem Finanzamt die Formulare in Papierform vor. 17.400 Euro flossen auf diesem Weg auf das Konto der Frau. Sie verwendete das Geld für ihre Spielsucht und um Schulden zurückzuzahlen.
Die Frau wurde strafrechtlich wegen Untreue verurteilt. Zivilrechtlich ging es nun aber um die Frage, ob die Wirtschaftsprüfungs- kanzlei bzw. ihr Geschäftsführer für den durch die Mitarbeiterin angerichteten Schaden aufkommen müssen. Die geschädigte GmbH berief sich auf die Gehilfenhaftung, laut der ein Vertragspartner für die Fehler seiner Mitarbeiter einstehen muss.
Die Kanzlei wandte ein, von den Machenschaften der Mitarbeitein nichts gewusst zu haben. Die Frau habe Handlungen gesetzt, die nicht von ihrem Aufgabenkatalog umfasst gewesen seien, weswegen man als Arbeitgeber nicht hafte.
Das Grazer Landesgericht für Zivilrechtssachen wies die Klage ab. Die Frau habe in einem Bereich agiert, für den sie nicht zuständig war. Daher müsse der Arbeitgeber nicht für den Schaden aufkommen.
Das Oberlandesgericht Graz widersprach. Die GmbH habe darauf vertrauen dürfen, dass die Wirtschaftsprüfungskanzlei und ihre Erfüllungsgehilfen nicht die ihnen eingeräumte Befugnis, über Steuerguthaben zu verfügen, missbrauche. Das begangene Delikt stehe in einem engen inneren Sachzusammenhang mit der Vertragserfüllung eines Steuerberaters, weswegen die Kanzlei hafte.
OGH: Zusammenhang fehlt
Der Oberste Gerichtshof ( OGH) drehte das Urteil wieder um. Zwar sei es selbst bei vorsätzlich begangenen Taten möglich, dass man als Vertragspartner für seine Gehilfen hafte. Doch nur, wenn ein innerer Sachzusammenhang der Handlung mit der Vertragserfüllung besteht. Und genau dieser fehle hier.
Die Kanzlei hatte ihren Mitarbeitern nie die Befugnis gegeben, Steuerguthaben der Klienten beim Finanzamt einzufordern. Das verloren gegangene Geld sei nie im Verfügungsbereich der Kanzlei gewesen. Kontrollpflichten seien nicht verletzt worden, weil der Geschäftsführer der Kanzlei regelmäßig seine Mitarbeiter kontrolliert habe. Und die Machenschaften der Mitarbeiterin hätten auch nicht früher auffallen können, befand der OGH (8 Ob 63/17y).
Die Kanzlei muss somit nicht für den Schaden aufkommen.