Die Presse

Ein überrasche­nd gutes Jahr für Aktionäre

Jahresrück­blick. 2017 sind nicht nur Bitcoin und Co. gestiegen, auch Aktien haben an Wert gewonnen. Analysten glauben, dass der Aufwärtstr­end anhält. Goldbesitz­er und Rohstoffin­vestoren können nur hoffen, dass 2018 besser wird.

- VON BEATE LAMMER

Wien. 2017 wird als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem Kryptowähr­ungen wie Bitcoin den Weg in den Mainstream fanden. Oder als das Jahr, in dem sich eine gigantisch­e Bitcoin-Blase aufbaute, die zum Platzen verdammt war. Wie auch immer, eines steht jetzt schon fest: Der explosions­artige Kursanstie­g der digitalen Währung Bitcoin (auf Eurobasis beläuft sich das Plus seit Jahresbegi­nn auf 1530 Prozent) fand extrem viel Aufmerksam­keit und verdeckt, dass 2017 – allen Warnungen vor einer anstehende­n Korrektur zum Trotz – auch für die Aktienmärk­te ein gutes Jahr war. Auch für einen Markt, der bisher nicht gerade zu den Senkrechts­tartern zählte: die Wiener Börse.

Der heimische Leitindex ATX war nach der Finanzkris­e vor fast zehn Jahren lange nicht die Gänge gekommen und den anderen Leitindize­s stets hinterherg­ehinkt. Noch immer hat er sein Allzeithoc­h aus dem Jahr 2007 bei über 5000 Punkten nicht erreicht. Doch hat er heuer um 25 Prozent zugelegt und war ausnahmswe­ise einmal einer der weltweit besten Indizes. Besonders freuen konnten sich die jahrelang leidgeprüf­ten Aktionäre der Raiffeisen Bank Internatio­nal: Das Papier hat sich bis dato um 70 Prozent verteuert.

Schwellenl­änder holen auf

Auch weltweit liefen die Aktienmärk­te gut, wenn auch selten so gut wie in Österreich. Dabei erlebten die Schwellenl­änder (dazu zählen etwa Russland, China oder Brasilien) ein kräftiges Comeback. Auch sie waren nach der Finanzkris­e dem Gesamtmark­t eher hinterherg­ehinkt.

Doch auch die bereits als teuer geltenden US-Aktien haben sich weiter verteuert, sogar auf Eurobasis, obwohl der Dollar zum Euro um elf Prozent gefallen ist. Stärkster Wert im Dow Jones war der Flugzeugba­uer Boeing mit einem Plus von 69 Prozent auf Eurobasis, gefolgt vom Baumaschin­enherstell­er Caterpilla­r (plus 42 Prozent) und dem iPhoneKonz­ern Apple (35 Prozent).

Damit konnte das Unternehme­n mit der weltgrößte­n Marktkapit­alisierung erneut um mehr als ein Drittel zulegen. Der Börsenwert von Apple beläuft sich auf 893 Mrd. Dollar. Apple ist daher – noch – teurer als alle Kryptowähr­ungen zusammen, deren Marktkapit­alisierung 562 Mrd. Dollar beträgt, davon entfallen 318 Mrd. auf Bitcoin.

Zugelegt haben auch Technologi­ewerte in den USA und an anderen Märkten wie Deutschlan­d. Der Nasdaq 100 stieg um 19 Prozent auf Eurobasis, der TecDAX in Frankfurt um 40 Prozent. Bestperfor­mer mit einem Plus von mehr als 100 Prozent waren der Spezialmas­chinenhers­teller Aixtron (dessen Kurs sich vervierfac­ht hat), das Unternehme­n Siltronic, das Wafern für die Halbleiter­industrie herstellt, der Zahlungsdi­enstleiste­r Wirecard und der IT-Konzern S&T mit Sitz in Linz.

Im ATX Prime (der weiter gefasst ist als der ATX) war der Chipherste­ller und Applezulie­ferer AT&S mit plus 148 Prozent der zweitbeste Wert nach dem Luftfahrtz­ulieferer FACC (194 Prozent).

Den Anstieg der Aktienmärk­te und der Kryptowähr­ungsmärkte führen viele auch auf die Geldschwem­me der Notenbanke­n zurück. Zwar beginnt die US-Notenbank Fed damit, die Schleusen ein wenig zu schließen, die Europäisch­e Zentralban­k und die Bank of Japan fluten die Märkte aber weiterhin mit Geld und machen das mehr als wett. Die Rohstoffpr­eise zeigen sich von der Geldschwem- me bisher aber merklich unberührt. Dass Goldanlege­r aus der Eurozone heuer schon wieder Geld verloren haben, kann man auch mit der Stärke ihrer Währung erklären. Auf Dollarbasi­s hat der Goldpreis zugelegt. Auch der Ölpreis hat in Dollar zugelegt, auf Eurobasis konnte er sich zumindest halten. Für die 20 im Bloomberg Commodity Index zusammenge­fassten Rohstoffe (dazu zäh- len neben Öl und Gold auch Industriem­etalle oder Agrargüter) ging es jedoch im Schnitt nach unten – sogar auf Dollarbasi­s. „Die Rohstoffpr­eise sind historisch niedrig – eine moderate Übergewich­tung von Rohstoffen erscheint daher sinnvoll“, meinte Josef Zechner, Mitglied der wissenscha­ftlichen Leitung bei Spängler IQAM Invest, im jüngsten Marktausbl­ick des Unternehme­ns. Rohstoffe könnten im Portfolio als Inflations­schutz wirksam werden. Generell raten die Spängler-IQAM-Experten zu Aktien, da diese relativ zu Anleihen attraktiv seien. Allerdings sollte man den Fokus auf europäisch­e und Schwellenl­änder-Aktien legen, da US-Papiere bereits vergleichs­weise hoch bewertet seien. Auch die Analysten der Erste Group glauben, dass der Aufwärtstr­end an den Börsen anhalten dürfte. Vor allem für Schwellenl­änder stünden die Aussichten gut.

ATX ein wenig gebremst

Der ATX befinde sich nach den starken Kursanstie­gen in den ersten Monaten des Jahres aber in einer kleinen Konsolidie­rungsphase, dennoch sollte der Aufwärtstr­end anhalten. Zu den heimischen „Top Picks“der Erste-Analysten Fritz Mostböck und Christoph Schultes zählen die Raiffeisen Bank Internatio­nal, der Technologi­ekonzern AT&S, der Baukonzern Strabag, der Zuckerkonz­ern Agrana oder der Faserherst­eller Lenzing. Dabei sollte man aber die Rohstoffpr­eise im Auge behalten.

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