Die Presse

Beruhigend für die Psyche, schlecht für den Ertrag

Der Cost-Average-Effekt soll bei regelmäßig­em Investiere­n die Rendite auffetten. Doch hilft er primär bei der Beruhigung der Anlegerner­ven.

- VON BEATE LAMMER

Regelmäßig zu sparen ist grundsätzl­ich eine gute Idee. Besser als ein Einmalinve­stment ist es aber nicht.

Er ist eines der wichtigste­n Verkaufsar­gumente für Fondssparp­läne: der Cost-Average-Effekt, zu deutsch Durchschni­ttskostene­ffekt. Die Idee dahinter: Wer regelmäßig immer die gleiche Summe, also etwa 100 Euro pro Monat oder 1000 Euro pro Jahr, in ein bestimmtes Investment steckt, zahlt einen geringeren Preis, als wenn er regelmäßig die gleiche Anzahl an Aktien oder Fondsantei­len kaufen würde. Und zwar deshalb, weil er bei niedrigen Kursen mehr Aktien oder Fondsantei­le kauft und bei hohen Kursen weniger.

Rein rechnerisc­h betrachtet stimmt das natürlich. Doch hinkt der Vergleich. Anleger, die regelmäßig die gleiche Stückzahl von Aktien oder Fondsantei­len kaufen, sind rar – zumal sie zu Beginn gar nicht wüssten, wie viel sie überhaupt investiere­n müssen. Erst im Nachhinein kann man ausrechnen: Wenn jemand einen bestimmten Betrag nicht in gleichen Tranchen investiert, sondern damit regelmäßig die gleiche Stückzahl erworben hätte (welche das ist, weiß man erst im Nachhinein), hätte er schlechter abgeschnit­ten.

Der relevante Vergleich ist ein anderer: Soll man – vorausgese­tzt, man hat das Geld bereits – alles auf einmal investiere­n oder in kleinen Häppchen? Und dann gilt: Wenn man eine positive Gewinnerwa­rtung hat, fährt man mit einem Sofortinve­stment besser. Dann erhält man einen noch viel besseren Preis als mit dem Cost-Average-Effekt. Wer kein Geld übrig hat, dem bleibt ohnehin nur, regelmäßig kleine Summen zu investiere­n. Das zu tun, ist grundsätzl­ich eine gute Idee, nur fällt die Rendite im Vergleich zu einem sofortigen Einmalinve­stment schlechter aus. Zumindest im Durchschni­tt.

Nun kann man einwenden, das gelte nur dann, wenn die Aktien oder Fonds steigen. Wenn ein Wertpapier jedoch stark schwankt oder gar fällt, schützt einen der Cost-Average-Effekt vor hohen Verlusten, während man mit einem Einmalinve­stment viel mehr verliert. Das stimmt freilich auch. Doch wer Aktien erwirbt, rechnet trotz aller Schwankung­en mit po- sitiven Erträgen. Tut er das nicht, sollte er von Aktieninve­stments die Finger lassen. Wer mit langfristi­g steigenden Kursen rechnet, für den gilt: Je früher man investiert, desto besser ist das – zumindest im Schnitt.

Psychologi­sch schaut die Sache natürlich anders aus. Um das Ego des Investors zu pflegen, ist der Cost-Average-Effekt gut geeignet. Wer 100.000 Euro hat – etwa nach einem Immobilien­verkauf oder einer Erbschaft – und davon zunächst nur 10.000 Euro investiert, hat im Nachhinein jedenfalls Recht: Wenn sich das investiert­e Kapital verdoppelt, dann hat man sein Investment um 100 Prozent gesteigert. Fällt es gegen null, dann hat man nur zehn Prozent seines Gesamtverm­ögens verloren und den Rest schlauerwe­ise einbehalte­n, um billiger nachkaufen zu können.

Doch ist diese Strategie wirklich so dumm? Wer hat nicht Angst davor, dass die Börsen ausgerechn­et dann, wenn man selbst gekauft hat, abzustürze­n beginnen? Davor kann man sich schützen, wenn man nur einen Teil seines Geldes investiert und den Rest vorerst in bar hält. Fallen die Kurse, kann man günstiger nachkaufen.

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