Panama: Im Schatten der Papers
Reportage. Die EU-Deklaration als Steueroase trifft Panama, Investoren bleiben fern. Doch die Wirtschaft wächst solide.
New York/Panama City. Wie der typische Investmentberater sieht Jonathan nicht aus: Dreitagebart, schulterlange Haare, Tennisschuhe, Sporthose und T-Shirt. „Die meisten meiner Kunden kenne ich seit vielen Jahren“, erklärt er. „Mit ihnen treffe ich mich nicht im Büro, wir spielen lieber Tennis oder genießen das Nachtleben.“Auch hier, auf der gepflegten Terrasse im fünften Stock des Intercontinental Hotels, verabrede er sich oft mit potenziellen Investoren. Jedoch: Das Geschäft läuft momentan nicht gut, viele Superreiche machen seit der Publikation der Panama Papers einen Bogen um die lateinamerikanische Steueroase.
Es sind vor allem Brasilianer und Kolumbianer, die zu Jonathans Stammkunden zählen. Politiker, Geschäftsleute oder reiche Erben, die ihr Vermögen in Sicherheit bringen wollen. „Ich zeige ihnen Investmentoptionen auf“, erklärt der Berater und deutet auf den Wohnkomplex Punta Roca. Die Sonne ist mittlerweile untergegangen. Der Wolkenkratzer ist stockfinster. „Die meisten Apartments sind unbewohnt“, sagt Jonathan, während er an seinem Rotwein schlürft.
Möglicherweise hilft er auch korrupten Politikern und dubiosen Investoren, ihr Geld in Panama zu bunkern. Kein Mensch weiß genau, wer die Luxuswohnungen im Punta-Roca-Komplex besitzt, vor allem nicht die ausländischen Steuerbehörden. „Alles völlig legal“, erklärt der an der Eliteuni Berkeley ausgebildete Vermögensberater, der einst für die Schweizer Großbank UBS gearbeitet hat. Jeder seiner Kunden bestätige ihm schriftlich, das Kapital legal erworben und ordentlich versteuert zu haben. Seinen echten Namen will der Investmentberater nicht in der Zeitung lesen. Sicher ist sicher. Er könne schließlich nicht die Legalität aller Gelder überprüfen. Und Diskretion sei Gebot in seinem Geschäft.
Nichtsdestotrotz: Spätestens seit die EU diesen Monat auch Panama auf ihre Schwarze Liste von 17 Steueroasen gesetzt hat, trauen manche Investoren dem Frieden nicht. Was, wenn Panama mit ausländischen Behörden kooperiert und Beratern wie Jonathan das Leben schwer macht? Was, wenn ausländische Steuereintreiber plötzlich wissen, wer die teuren Luxusapartments im Punta-Roca-Tower gekauft hat? Jonathan versucht zu beruhigen. So weit werde es nicht kommen, zu sehr hänge Panamas Finanzbranche von steuerfliehenden Ausländern ab. Doch er gibt zu: „Investoren schauen sich auch nach anderen Steuerparadiesen um, die nicht auf der EU-Liste aufscheinen.“
Ortswechsel: Wir besuchen die Börse Panamas, ein kleines einstöckiges Gebäude an der Avenida Federico Boyd, wenige Gehminuten vom Intercontinental Hotel. Panamas Volkswirtschaft wächst auch nach Auffliegen der Panama Papers noch um fünf Prozent jährlich. Die Touristenzahlen steigen, der gerade erst ausgebaute Panamakanal spült jährlich mehrere Milliarden Dollar in die Staatskasse. Möglicherweise bieten sich internationalen Investoren auch andere Möglichkeiten, abseits dubioser Wohnungskäufe, in Form von Aktien oder Anleihen.
An New Yorker Börse investieren
„Unser Fokus liegt auf festverzinslichen Wertpapieren“, erklärt Alexander Quezada, der an der Börse für Neuemissionen zuständig ist. Zwar notieren gut 20 Aktien in Panama City, internationale Investoren lassen aber besser die Finger davon. Das Handelsvolumen ist so gering, dass man auf erworbenen Aktien sitzen bleiben könnte. Zudem: Wer an der Börse in Panama investieren will, muss sich mit einem lokalen Brokerhaus in Verbindung setzen und ein örtliches Konto eröffnen. Ein durchschnittlicher europäischer Anleger wird sich das kaum antun.
Etwas liquider sind da schon ausgewählte Anleihen des vier Millionen Einwohner zählenden Landes, etwa jene für den Ausbau des internationalen Flughafens Tocumen. Das Papier läuft 2023 aus und wirft jährlich knapp sechs Prozent ab. Ein Volumen von 250 Mio. Dollar befinde sich in ausländischen Händen, trotzdem empfiehlt selbst Quezada das Papier nur jenen, die es bis zur Fälligkeit halten wollen. Am Flughafen involvierte Großinvestoren waren vor einigen Jahren dem Vorwurf der Geldwäsche ausgesetzt, was wiederum ein schlechtes Licht auf die Anleihe geworfen und die Fertigstellung des Umbaus verzögert hat. Da findet sich für den internationalen Investor möglicherweise anderswo ein sichereres Investment mit sechs Prozent Zinsen.
Wer also in Panama investieren will und nicht zu der kleinen Gruppe sehr vermögender Kunden von Investmentberatern wie Jonathan zählt, kann sich an anderen Handelsplätzen umsehen. Und wird an der Börse in New York fündig, wo die höchst liquiden Aktien zweier Großkonzerne Panamas notieren: jene der Bank Bladex sowie der Fluglinie Copa Airlines. Bladex hat im Zuge des Skandals deutlich an Wert verloren, sowohl die Deutsche Bank wie auch JP Morgan haben dem Papier heuer nochmals eine schlechtere Bewertung verpasst. Potenzial wäre vorhanden, wenn Panama von der Schwarzen Liste gestrichen wird, doch darauf deutet im Moment nur wenig hin.
Bleibt Copa Airlines. Die Aktie hat auf Jahressicht mehr als 40 Prozent zugelegt, die Fluglinie ist profitabel, die Passagierzahlen steigen kontinuierlich. Dieser Trend sollte sich fortsetzen, sobald der ausgebaute Tocumen-Flughafen seine Pforten öffnet. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15 ist das Papier relativ günstig bewertet. Die Mehrzahl der Analysten rät zum Kauf, die Bank of America sieht ein Kursziel von 167 Dollar. Aktuell notiert die Aktie bei 140 Dollar. „Copa ist ein tolles Unternehmen, wir wünschten, die Aktie würde bei uns notieren“, sagt Quezada von der Börse in Panama City. Das Management von Copa weiß wohl, warum es sich für New York entschieden hat.