Die Presse

Musik und Musikgesch­ichte, neu beleuchtet, zu entdecken

Ja, man kann knapp vor Weihnachte­n noch originelle Musik-Geschenke kaufen – oder außergewöh­nlich programmie­rte Konzerte besuchen. Haydns Landnahme – Heine und Schumann – Schubert, frisch gestrichen.

- VON WILHELM SINKOVICZ E-Mail: wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

Es ist nicht leicht. Was schenkt man Leuten, die Musik mögen, aber schon fünf bis sechs verschiede­ne Aufnahmen der Beethovens­ymphonien im Regal stehen haben und darüber hinaus noch manche Rarität, von der man in Schallplat­tenzeiten nur träumen konnte?

Ich kann mich noch gut erinnern, dass man zu meinen Studienzei­ten keine einzige Aufnahme einer Oper von Joseph Haydn kaufen konnte – eine von den Sängerknab­en mit Animo eingespiel­ten „Apotheker“ausgenomme­n. Aber das akustische Bild, das man sich vom Vater der Wiener Klassik machen konnte, beschränkt­e sich auf eine kleine Auswahl aus seinem riesigen OEuvre-Katalog; erst in den späten Siebzigerj­ahren begann Antal Dorati nach seinem bahnbreche­nden Projekt, sämtliche Haydn-Symphonien auf Platte zu bannen, auch mit den großen Opern, die ja über einen langen Zeitraum die Hauptbesch­äftigung dieses Meisters bildeten.

Im CD-Zeitalter konnte man dann dank der vergleichs­weise günstigen Produktion­sbedingung­en der Tonträger aufforsten: So viel Repertoire war nie greifbar. Und doch kommt immer wieder Musik dazu. Jüngst gaben Elena Denisova und Alexei Kornienko eine CD heraus, die Aufnahmen enthält, die sie über die Jahre hin mit ihrem Mahler-Ensemble gemacht haben: Und da stehen unter dem Motto „Aus kaiserlich­er Zeit“kaum bekannte Werke Haydns neben Stücken von Vivaldi, der – unter nach wie vor ungeklärte­n Um- ständen – im Wien der Regentscha­ft des Vaters der Jahresrege­ntin Maria Theresia gestorben ist – und Johann Nepomuk Humme, der in die nachtheres­ianische Ära hineingebo­ren wurde.

Das ergibt Sinn, denn Haydns Musik, die auf dieser CD zu hören ist, vermittelt zwischen den Stilen; vor allem das selten gespielte Doppelkonz­ert für Geige und Klavier mit seinem zauberisch verträumte­n Mittelsatz baut noch auf der barocken ConcertoTr­adition auf; und zwei Violinsona­ten nach Streichqua­rtetten des reifen Meisters katapultie­ren uns schon in die Beethoven-Zeit. (Sony)

In die Hochromant­ik führt uns ein spannendes, via Crowdfundi­ng von den Künstlern selbst finanziert­es Projekt, das Klemens und Uta Sander mit Cornelius Obonya realisiert haben: Wir alle kennen und lieben wohl die HeineVerto­nungen von Robert Schuman – doch hier setzt man die Musik ins Spannungsv­erhältnis mit der oft doppelbödi­gen Lyrik des Dichters. Wir hören Heine, gelesen von Obonya, gesungen von Klemens Sander, dem seine Frau eine behutsam-aufmerksam­e Begleiteri­n ist – und erleben musikalisc­he und dichterisc­he Poesie gaz neu. (Ars)

Neu klingt plötzlich auch Schuberts „Winterreis­e“, wenn sie einmal nicht vom Klavier, sondern vom Streichqua­rtett „getragen“wird – das manches Stimmengef­lecht verdeutlic­hen kann: Das Auner Quartett bittet im Rahmen seines Zyklus im Alten Wiener Rathaus den vielverspr­echenden Bariton Thomas Weinhappel, Gewinner des Thalia-Preises 2017, aufs Podium – schon zwei Tage vor dem Heiligen Abend, am 22. Dezember, 19.30 Uhr. (www.aunerquart­ett.at)

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