Musik und Musikgeschichte, neu beleuchtet, zu entdecken
Ja, man kann knapp vor Weihnachten noch originelle Musik-Geschenke kaufen – oder außergewöhnlich programmierte Konzerte besuchen. Haydns Landnahme – Heine und Schumann – Schubert, frisch gestrichen.
Es ist nicht leicht. Was schenkt man Leuten, die Musik mögen, aber schon fünf bis sechs verschiedene Aufnahmen der Beethovensymphonien im Regal stehen haben und darüber hinaus noch manche Rarität, von der man in Schallplattenzeiten nur träumen konnte?
Ich kann mich noch gut erinnern, dass man zu meinen Studienzeiten keine einzige Aufnahme einer Oper von Joseph Haydn kaufen konnte – eine von den Sängerknaben mit Animo eingespielten „Apotheker“ausgenommen. Aber das akustische Bild, das man sich vom Vater der Wiener Klassik machen konnte, beschränkte sich auf eine kleine Auswahl aus seinem riesigen OEuvre-Katalog; erst in den späten Siebzigerjahren begann Antal Dorati nach seinem bahnbrechenden Projekt, sämtliche Haydn-Symphonien auf Platte zu bannen, auch mit den großen Opern, die ja über einen langen Zeitraum die Hauptbeschäftigung dieses Meisters bildeten.
Im CD-Zeitalter konnte man dann dank der vergleichsweise günstigen Produktionsbedingungen der Tonträger aufforsten: So viel Repertoire war nie greifbar. Und doch kommt immer wieder Musik dazu. Jüngst gaben Elena Denisova und Alexei Kornienko eine CD heraus, die Aufnahmen enthält, die sie über die Jahre hin mit ihrem Mahler-Ensemble gemacht haben: Und da stehen unter dem Motto „Aus kaiserlicher Zeit“kaum bekannte Werke Haydns neben Stücken von Vivaldi, der – unter nach wie vor ungeklärten Um- ständen – im Wien der Regentschaft des Vaters der Jahresregentin Maria Theresia gestorben ist – und Johann Nepomuk Humme, der in die nachtheresianische Ära hineingeboren wurde.
Das ergibt Sinn, denn Haydns Musik, die auf dieser CD zu hören ist, vermittelt zwischen den Stilen; vor allem das selten gespielte Doppelkonzert für Geige und Klavier mit seinem zauberisch verträumten Mittelsatz baut noch auf der barocken ConcertoTradition auf; und zwei Violinsonaten nach Streichquartetten des reifen Meisters katapultieren uns schon in die Beethoven-Zeit. (Sony)
In die Hochromantik führt uns ein spannendes, via Crowdfunding von den Künstlern selbst finanziertes Projekt, das Klemens und Uta Sander mit Cornelius Obonya realisiert haben: Wir alle kennen und lieben wohl die HeineVertonungen von Robert Schuman – doch hier setzt man die Musik ins Spannungsverhältnis mit der oft doppelbödigen Lyrik des Dichters. Wir hören Heine, gelesen von Obonya, gesungen von Klemens Sander, dem seine Frau eine behutsam-aufmerksame Begleiterin ist – und erleben musikalische und dichterische Poesie gaz neu. (Ars)
Neu klingt plötzlich auch Schuberts „Winterreise“, wenn sie einmal nicht vom Klavier, sondern vom Streichquartett „getragen“wird – das manches Stimmengeflecht verdeutlichen kann: Das Auner Quartett bittet im Rahmen seines Zyklus im Alten Wiener Rathaus den vielversprechenden Bariton Thomas Weinhappel, Gewinner des Thalia-Preises 2017, aufs Podium – schon zwei Tage vor dem Heiligen Abend, am 22. Dezember, 19.30 Uhr. (www.aunerquartett.at)