Eine einzige Ratingverbesserung führt den Krisenstaat in den Kreis der sicheren Schuldner zurück. Aber die Erholung bleibt fragil.
Portugal.
Wien. Ein kleiner Schritt für die Ratingagentur Fitch, ein großer Schritt für Portugal: Die Ratingagentur hat ihre Note für den früheren Krisenstaat am späten Freitagabend um zwei Stufen hinaufgeschraubt, von „Ramsch“deutlich hinein in den Bereich von „Investment Grade“. Was wie eine kleine Randnotiz klingt, ist tatsächlich ein wichtiger Wendepunkt für das Zehn-MillionenLand. Schon im September hat Standard & Poor’s seine Bewertung verbessert. Und da nun zwei der drei großen Ratingagenturen Portugal nach sechs dunklen Jahren von seinem Junkimage befreit haben, ist es damit wieder in den erlauchten Kreis der allseits geachteten Schulder aufgenommen.
Was konkret heißt: Seine Schuldtitel werden in die üblichen Indizes für Staatsanleihen ohne großes Risiko eingerechnet. Damit legen deutlich mehr Investoren ihr Geld wieder in diesen Papieren an. Durch die steigende Nachfrage sinkt die Zinslast. Einen Vorgeschmack dafür gab es am Montag: Die Renditen der portugiesischen Bonds gingen auf ein Zwei-Jahrestief zurück und liegen nun sogar unter jenen von Italien.
Dabei war das Land eben noch in einem anderen, viel prekäreren Sinn von der Gunst der Notenverteiler abhängig: Eine kleine und wenig bekannte kanadische Ra- tingagentur namens DBRS war die einzige, die Portugal den Investment Grade zubilligte – und damit der Europäischen Zentralbank (EZB) erlaubte, im Rahmen ihres Anleihenkaufprogramms auch portugiesische Papiere in seine Bücher zu nehmen. Jedesmal, wenn in Kanada eine Neubewertung anstand, mussten die Portugiesen vor einem Wiederausbruch der großen Krise zittern.
Rettende Konjunktur
Dass sich das Blatt nun so rasch gewendet hat, verdankt Portugal dem allgemeinen konjunkturellen Aufschwung in Europa. Auch die kleine Volkswirtschaft an der Peripherie wird heuer mit 2,5 Prozent wachsen, fast doppelt so stark wie zu Jahresbeginn erwartet.
Dabei sind die strukturellen Schwächen im Wesentlichen unverändert geblieben: Die öffentliche Hand ist mit 126 Prozent des BIPs immer noch so stark verschuldet, dass manche Politiker immer wieder einen „Haircut“wie in Griechenland fordern. Dazu kommt eine ebenfalls bedenklich hohe Verschuldung der Unternehmen und privaten Haushalte. Der Arbeitsmarkt ist immer noch verkrustet, der Wettbewerb gering, der Industriesektor klein. Bis heuer hielten sich die Unternehmen mit Investitionen stark zurück. Was viel mit dem Machtwechsel vor zwei Jahren zu tun hatte: Im November 2015 stolperte die Mitterechts-Regierung, die alle Vorgaben der Gläubigertroika wie ein Musterschüler umgesetzt hatte, über ein Misstrauensvotum. Premier Pedro Passos Coelho musste dem Sozialisten Antonio´ Costa weichen, dessen Minderheitsregierung ohne die Unterstützung der Kommunisten und anderer Kleinparteien am linken Rand nicht überleben kann. Er versprach den Portugiesen ein Ende des Sparkurses und setzte sein Versprechen auch um. Höhere Löhne für Beamte, ein Ende der Deckelung für Pensionen, mehr Mindestlohn: Der Umkehrschub bereitete auch in Brüssel Sorgen. Nur knapp schrammte Lissabon an einem Defizitverfahren vorbei.
Der Mann, der die stark divergierenden Interessen doch noch unter einen Hut bringt, ist Mario´ Centeno – der Finanzminister, den seine Kollegen jüngst zum neuen Vorsitzenden der Euro-Gruppe gewählt haben. So groß sein diplomatisches Geschick ist, so fragil bleibt die Lage in seiner Heimat. Das zeigt der Vergleich mit dem großen iberischen Bruder, der mit seinen Reformen nicht auf halbem Weg stecken geblieben ist: Spanien hat das Vorkrisenniveau trotz eines viel stärkeren Einbruchs heuer wieder erreicht, Portugal noch immer nicht ganz. (gau)