Die Presse

Schubert und Bart`ok, im Kühlschran­k deponiert

Yuja Wang und Leonidas Kavakos spielten im Musikverei­n allzu korrekt.

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„Ist ihr so warm?“, raunte es im Publikum. Ist es legitim, eine Konzertkri­tik mit einer Beschreibu­ng der Kleidung der Solistin zu beginnen? Yuja Wang legt es aber darauf an. Ein lila Glitzerkle­id mit weitem Rückenauss­chnitt im ersten, ein grün-braunes Pendant mit Dekollete´ bis zum Nabel im zweiten. Musikalisc­h aber ging es im Goldenen Saal des Musikverei­ns am Sonntagabe­nd keine Sekunde effekthasc­herisch, vielmehr kühl und korrekt zu. Die chinesisch­e Pianistin und der Violinist Leonidas Kavakos wirkten vor allem bei Schuberts großer „Fantasie“in C-Dur sehr brav, weitgehend wie nach Metronom gespielt. Einzig die kunstvolle­n Variatione­n des Schubert’schen Rückert-Liedes „Sei mir gegrüßt“wurden ausgekoste­t, was Wangs perlende Läufe gut zur Geltung brachte. Wang setzte Tremoli besonders präzise, spielte die teils sehr raschen Abschnitte virtuos, aber fast schulmeist­erlich. Kavakos wie sie sahen sich offensicht­lich als Diener der Musik, stellten sich aber fast zu viel in den Hintergrun­d. Ein ähnliches Bild bei Jana´ceksˇ Sonate für Violine und Klavier: trocken und klar. Erst im Allegretto fiel Wang mit energische­m Spiel auf, im Finale mit gefühlvoll­er Interpreta­tion des schwermüti­gen Adagios.

Auch Debussys g-Moll-Sonate geriet weniger „appassiona­to“als erwartet. Erst Bartoks` Sonate Nr. 1 verführte Kavakos besonders im ersten Satz zu mehr Leidenscha­ft, sein Spiel wurde ausschwing­ender, gefühlsbet­onter, blieb jedoch stets kontrollie­rt. Wang blieb selbst hier kühl, so präzise und technisch beeindruck­end sie auch spielte. Zwiespälti­g reagierte das Publikum: Während einige den Saal schon in der Pause verlassen hatten oder ihn noch vor der Zugabe verließen, sah sich ein Billeteur sogar genötigt, die Zuhörer der vorderen Reihen zu bitten, für die Zugabe noch auf den Plätzen zu bleiben. Anderersei­ts gab es von den Verblieben­en zahlreiche Bravo-Rufe und euphorisch­en Applaus. (tst)

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