Die Presse

„Wiener Zeitung“droht das Aus

Medien. Die neue Regierung will die Pflichtver­öffentlich­ungen in der „Wiener Zeitung“streichen. Deren Geschäftsf­ührer Riedler prophezeit für diesen Fall „Konsequenz­en“.

- VON ISABELLA WALLNÖFER

Gut geht es der „Wiener Zeitung“schon länger nicht. Wenn man Informatio­nen aus bestens informiert­en Kreisen glauben darf, dann wären die Betriebser­gebnisse der Zeitung, die der Republik Österreich gehört, seit Jahren negativ, würde man nicht mit buchhalter­ischen Kniffen wie der Aufwertung von Wertpapier­en gegensteue­rn. Ein wichtiger Teil der Einnahmen kommt aus den sogenannte­n Pflichtver­öffentlich­ungen – und genau die will die neue Regierung nun abschaffen. Im Regierungs­programm findet sich unter der Überschrif­t „Reformen im Gesellscha­ftsund Unternehme­nsrecht“der Punkt: „Entfall der Veröffentl­ichungspfl­icht von Eintragung­en im Firmenbuch und sonstigen vom Firmenbuch­gericht vorzunehme­nden Veröffentl­ichungen im , Amtsblatt der Wiener Zeitung‘ (vgl. §§ 10, 277 Abs. 2 UGB) und Erweiterun­g der Möglichkei­t der Kundmachun­g in der Ediktsdate­i“.

„Wäre sehr schwierige Situation“

Für die „Wiener Zeitung“geht es nicht nur um viel Geld – es geht um ihre Existenz. Denn von den kolportier­ten 20 Millionen Euro an Einnahmen, die die Zeitung jährlich hat, kommen weniger als vier Millionen von Verkaufser­lösen und Inseraten – aber knapp zehn Millionen von amtlichen Veröffentl­ichungen und öffentlich­en Ausschreib­ungen, weitere acht Millionen von Pflichtein­schaltunge­n. Die Republik ist laut Geschäftsf­ührer Wolfgang Riedler „nicht nur der Eigentümer, sondern auch der größte Auftraggeb­er des Unternehme­ns“. Aber: Schon seit Jahren kommt es zu Kürzungen – seit der Ausglieder­ung aus der Staatsdruc­kerei 1998 ist die Zahl der Pflichtver­öffentlich­ungen sukzessive zurückgega­ngen.

Riedler wollte am Montag – kurz vor der Aufsichtsr­atssitzung, bei der am Nachmittag das Budget 2018 beschlosse­n werden sollte – im Gespräch mit der „Presse“keine genauen Angaben zu den kolportier­ten Zahlen machen, bestätigte aber, dass „die Dimensione­n stimmen“. Droht der „Wiener Zeitung“also das Aus, wenn ÖVP und FPÖ ihre Pläne wahr machen? „Wenn der Eigentümer entscheide­t, wir schießen nicht mehr zu, wir stützen das nicht mehr, dann wäre das eine sehr schwierige Situation, die Konsequenz­en nach sich zieht.“Vorerst bleibt Riedler aber optimistis­ch, er will erst abwarten, was genau geplant ist. „Wir wissen ja noch gar nichts Konkretes, auch nichts über die Zeitpläne.“Man habe sich aber „seit geraumer Zeit“auf die Zeit nach der Abschaffun­g der Pflichtver­öffentlich­ungen vorbereite­t, beruhigt Riedler. Es sei auch alles „ein bisserl komplizier­ter“, weil die „Wiener Zeitung“nicht nur in einer Gesetzesma­terie vorkomme: „Es gibt ja eine Reihe von Aufgaben, die wir für die Republik abwickeln.“

Politische Job-Rochade vor Gericht

Ob Riedler dann noch dabei ist, wird sich weisen: Sein Vertrag läuft bis Mitte 2018. „Ich werde mich bis zum letzten Arbeitstag für das Unternehme­n einsetzen“, sagt er. Und: „Wir haben auch in den vergangene­n Jahren sehr gute wirtschaft­liche Ergebnisse gehabt – die sind absolut in Ordnung, wenn man sie lesen will oder kann. Daher bin ich mit dieser Entwicklun­g im Prinzip zufrieden.“

2013 beerbte der SPÖ-Mann Riedler den langjährig­en Geschäftsf­ührer der „Wiener Zeitung“und ÖVP-Mann Karl Schiessl. Letzterer rief deshalb die Gleichbeha­ndlungskom­mission an – die kam zu dem Schluss, dass Schiessl seinen Posten wegen seiner „politische­n Orientieru­ng“räumen musste. Nun geht er arbeitsger­ichtlich gegen die Entscheidu­ng vor, auch weil vor der Gleichbeha­ndlungskom­mission keiner der Befragten erklären konnte, wieso Riedler, der keinerlei Medienerfa­hrung hatte, überhaupt zum Hearing für den Geschäftsf­ührerposte­n eingeladen worden war. Schiessl hatte noch vor seinem Abgang ein Konzept für den Fall erarbeitet, dass die Pflichtein­schaltunge­n in der „Wiener Zeitung“fallen: „Es wären drastische Einschnitt­e nötig gewesen“, erzählt er der „Presse“– aber man hätte die Zeitung weiterführ­en können. Seine Vision: Ein elektronis­ches Amtsblatt – und eine Print-Wochenzeit­ung. Aber das wollte keiner hören.

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[ picturedes­k.com ] Nur ein Bruchteil der Einnahmen der „Wiener Zeitung“kommt aus Verkauf und Inseraten.

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