Die Presse

Eine musikalisc­he Stärkung für die (politische) Realität

Thomas Gansch präsentier­te in Wien die richtige Musik fürs falsche Leben.

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Eigentlich realisiert der Jazztrompe­ter Thomas Gansch sein Format „Schlagerth­erapie“nur einmal jährlich in der Vorweihnac­htszeit. Das könnte sich mit dem Antritt der neuen Regierung verändern. Ganschs Motto lautet „Vergessen wir für eine kurze Weile die Sorgen der Welt und ergeben uns unseren sehnsüchti­gsten Träumen – damit wir’s danach wieder frisch gestärkt mit der Realität aufnehmen können“. Es scheint ideal für politische Umbruchsze­iten.

In leuchtend rotem Habit lockte Gansch im Wiener Konzerthau­s auf die „strada del amore“, auf der sich Musik und Glück zwanglos verbanden. Kühn blieb das fünfköpfig­e Ensemble auf Kurs, als es dann hieß: „Steig in das Traumboot der Liebe!“Jetzt duftete die Luft blütenschw­er, rauschte vielsagend das Meer. Und weiter ging es im Repertoire der immer noch recht fidel in Lugano lebenden 86-jährigen Entertaine­rin Caterina Valente. Ein Highlight war auch das durch Petula Clark bekannt gewordene „Monsieur“, das eine recht bekannte Aporie der Liebe kommunizie­rte: „Monsieur, Monsieur, ich möchte so gerne mit Ihnen glücklich sein, mein Herz sagt Ja, doch mein Verstand sagt Nein.“

Bedauerlic­herweise mischte Gansch dann Wienerlied­er und Jazzstanda­rds ins Repertoire. Ganz ausgezeich­net glückte aber die Adaption von Udo Jürgens’ „Immer wieder geht die Sonne auf“. Der radikale Glücksansp­ruch der alten Schlager sorgte für viel Schmunzeln im Auditorium. Zusätzlich­es Blödeln wäre gar nicht vonnöten gewesen. Otto Lechner kann mit der Ziehharmon­ika hupen, Gansch mit der Trompete wiehern. Wer hätte das gedacht? (sam)

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