Mord: Später Freispruch
Cold Case. 26 Jahre nach einem Mord kam es zum Prozess. Der Angeklagte wurde freigesprochen.
St. Pölten. Der Prozess um den Mord an einer 69-Jährigen im Juni 1991 in Pressbaum (Bezirk St. Pölten-Land) endete am Montag am Landesgericht St. Pölten mit einem Freispruch für den 55-jährigen Angeklagten. Die Geschworenen entschieden einstimmig. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf Rechtsmittel, das Urteil ist somit rechtskräftig.
Der Angeklagte hatte die Witwe im Jahr 1991 regelmäßig mit Gebäck beliefert. Die Frau habe ihn einige Male bewirtet, sagte der Beschuldigte. Zum Tatzeitpunkt im Juni 1991 habe er sich zu Hause aufgehalten. Das begründete er damit, dass er immer ab Mittag auf seine zweieinhalbjährige Tochter aufgepasst habe, bis seine damalige Ehefrau von der Arbeit zurückkam. Die aber widersprach: „Das stimmt absolut nicht.“
Auffällig nervös agierte laut einem der Richter ein anderer Zeuge. Der Cousin des Opfers. Der Mann sagte aus, er sei am Tag vor der Tat mit zwei Polen bei der Frau essen gewesen. Die Männer aus Polen waren nach der Tat des Mordes verdächtigt worden. Einer der beiden hatte damals den anderen belastet, dieser habe allerdings ein Alibi gehabt. Die Ermittlungen wurden eingestellt. Gefunden wurde das Mordopfer – in der Küche liegend – damals von einer Bekannten. Laut Sachverständigen war ihr mit einer Mineralwasserflasche und zweimal mit einem Glas auf den Kopf geschlagen worden. Zudem soll die Frau kurzfristig, aber heftig gewürgt worden sein. Sie sei an Erbrochenem erstickt.
Streit um Spur auf Glas
Auf einem Glas wurde eine verwertbare Fingerabdruckspur gefunden. Dabei handelte es sich laut Gutachter um den Abdruck des rechten Zeigefingers des Angeklagten. Die Spur – so das Ergebnis einer Debatte – müsse aber entstanden sein, als das Glas in normaler Trinkhaltung ergriffen wurde. Danach wurde es nicht mehr gewaschen.
Der Staatsanwalt erklärte, es sei zwar rein technisch möglich, dass die Spur Wochen oder Monate vor der Tat gesetzt worden sei, „aber es ist sehr, sehr unwahrscheinlich“. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft biete die Spur die nötige Sicherheit für eine Verurteilung. Der Verteidiger meinte hingegen, es sei nicht unwahrscheinlich, dass der Fingerabdruck über Monate auf dem Glas geblieben sei.