Wie neue Regierung die harten Nüsse knacken könnte
Drei Umsetzungsraketen für Schwarz-Blau, um ihre Vorhaben zu realisieren.
BIeobachter sind sich einig: Realpolitisch enthält das Programm der neuen Bundesregierung einige überaus schwer zu knackende Nüsse: von der deutlichen Reduzierung der Sozialversicherungsträger über die Senkung der Abgabenquote auf 40 Prozent bis zur vollständigen Umstellung der Stromversorgung auf erneuerbare Energien.
Die echte Feuerprobe für die neue Regierung steht damit noch bevor: eine menschen- und standortfreundliche Umsetzung der Vorhaben abseits von Kampagnenrhetorik und Wahlkampfmechanismen. Auch Unternehmen stehen oft vor großen Restrukturierungs- und Reformvorhaben. Die folgenden drei Anregungen könnten der Regierung helfen. Rakete 1 – Übersetzung der Reformpläne in eine Projektstruktur: In Unternehmen werden komplexe Restrukturierungsprozesse von klar definierten, spezialisierten Projektgruppen gemanagt. Nach dem Motto „Jedem Leuchtturmprojekt seinen Leuchtturmwärter“wird die neue Regierung durch ein zentrales Programmmanagement Verantwortlichkeiten präzisieren und ministeriumsübergreifend Knowhow nutzen müssen, um die hochkomplexen Herausforderungen zu meistern.
Evaluierung der Fortschritte
IGleichzeitig sollten alle Leuchtturmprojekte durch eine zentrale und unabhängige Umsetzungskontrolle begleitet werden, zum Beispiel in Form einer im Bundeskanzleramt angesiedelten Kontrollstelle, die die Regierungsprojekte in Bezug auf deren Fortschritt evaluiert. Bei Privatunternehmen gilt das Controlling als zentrale Steuerungs- und Koordinierungsfunktion. Warum sollte ein Staat zu Beginn einer schwierigen Erneuerungsphase in dieser Frage nicht von der Wirtschaft lernen? Rakete 2 – neue Formen des Schulterschlusses: Im Rahmen von Angela Merkels Initiative „Gut leben in Deutschland“wurden Tausende Bürger, Unternehmer und Wissenschaftler zu ihrer Auffassung von Lebensqualität befragt. Ergebnis: Die Aktivierung von echtem Praxis-Know-how. Ein neues, dynamisches System der Bürgereinbeziehung ist Grundvoraussetzung für erfolgreiche Regierungsarbeit im 21. Jahrhundert.
Sparfaktor Digitalisierung
ITatsächlich benötigen viele der präsentierten Reformvorhaben eine neue Form des nationalen Schulterschlusses, sprich die Einbeziehung aller wichtigen Teilhaber – von Unternehmern, Managern, Wissenschaftlern bis hin zu Privatpersonen. Dadurch wird Politik treffsicherer und die Umsetzung menschenfreundlicher. In den nächsten fünf Jahren gilt mehr denn je: Durchs Reden kommen d’ Leut’ zam – also lasst uns reden. Rakete 3 – nur Innovation schafft wirksame Effizienz: Keine Frage, Steuersenkungen von bis zu 14 Milliarden Euro müssen gegenfinanziert werden. Darin liegt wohl eine der größten Herausforderungen. Europäische Beispiele zeigen, dass der wichtigste Hebel für Einsparungen im öffentlichen Sektor in der Digitalisierung kostenintensiver Verwaltungsprozesse liegt – kurz: in der Administration 4.0.
Ein wichtiger Schritt ist unter anderem die Vernetzung existierender Behördendaten. Estland konnte mit dem Projekt „X-Road“7,1 Millionen Arbeitsstunden pro Jahr einsparen – und das bei gerade einmal 1,3 Millionen Einwohnern. Umgelegt auf die österreichische Verwaltung zeichnen sich massive Potenziale ab.
Diese Regierung hat eine historisch einzigartige Chance: durch menschenfreundliche Umsetzung rasch erste Reformvorhaben umsetzen und die Bevölkerung damit überzeugen. Es ist an der Zeit, die ersten Umsetzungsraketen zu zünden.