Dieser Fehler des Präsidenten könnte sich noch bitter rächen
Alexander Van der Bellen mischte bei der Regierungsbildung mit. Unverständlich, dass er die Kombination Innen- und Heeresministerium bei der FPÖ zuließ.
Am Ende waren unübersehbar alle drei zufrieden, der freundlich lächelnde Bundespräsident Van der Bellen, der dankbare Kanzler Sebastian Kurz und der fast schon servile Vizekanzler H.-C. Strache. „Vertrauensvoll“habe man sich in vielen Gesprächen hinter der berühmtesten Tapetentür des Landes über Programm und Personen der neuen Koalitionsregierung verständigt.
Der Präsident hat tatsächlich einige Punkte eingebracht und durchgesetzt: Die Selbstverständlichkeit einer proeuropäischen Linie und der Achtung der Menschenrechte, die Ablehnung zweier FPÖ-Politiker als Minister und die Verteilung von Justiz- und Innenministerium auf beide Koalitionsparteien.
Doch der Präsident hat den schweren Fehler begangen, der FPÖ die Ministeriumskombination Inneres und Verteidigung zu gestatten. Wenn die Kombi Justiz/ Inneres heikel sein mag, so sind die beiden Sicherheitsministerien mit allen Geheimdiensten und der gesamten bewaffneten Staatsmacht in der Hand einer Partei einfach gefährlich. Das könnte sich noch bitter rächen.
Stimmt schon, dass es das schon in den Alleinregierungen von ÖVP und SPÖ gegeben hat. Aber die FPÖ ist bei aller demokratischen Legitimation durch die Wähler doch etwas anders. Keine andere Partei hat ein so verfranstes Verhältnis zum Rechtsextremismus. Zahlreiche Abgeordnete aus zum Teil einschlägigen Burschenschaften, Auftritte von Parteispitzen in rechtsextremen Zirkeln und Medien, personelle Überschneidungen mit rechtsextremen Organisationen bis in Funktionärskreise, zahllose extreme Anhänger in den diversen Internetforen der Partei.
Die Kontrolle und die Bekämpfung rechtsextremer Organisationen und Umtriebe liegen bei den Geheimdiensten. Das Abwehramt soll unter anderem die rechtsextreme Unterwanderung des Bundesheers verhindern und steht nun unter dem Kommando eines Ministers Mario Kunasek, der als stramm-steirischer Landesparteiobmann gelegentlich an fragwürdigste Organisationen an- streift und im Zentralorgan der extremen Rechten, „Aula“, inseriert und schreibt.
Der bisherige Generalsekretär Herbert Kickl, der links von der eigenen Partei politische und mediale „Staatsfeinde“wittert, herrscht künftig über das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismus. Dieses Amt ist auch für den Bereich Rechtsextremismus zuständig, wobei vor allem Straftaten aus diesem Bereich verfolgt und berichtet werden.
Rechtsextremes Gedankengut und Engagement ist in den letzten Jahren stärker geworden. Nicht zuletzt angesichts der Zunahme islamistischer Bedrohung. Da schaukeln sich zwei Extreme gegenseitig auf. Dass die blauen Sicherheitsminister gegen den Islamismus hoch aktiv sein werden, steht außer Zweifel. Dass dies in gleicher Weise gegen Rechtsextreme stattfinden wird, darf heftig bezweifelt werden.
Kommt dazu, dass sich die FPÖ in früheren Jahren über ihre zahlreichen Parteigänger in den Sicherheitsapparaten gern mit geheimen Informationen über missliebige Organisationen und Personen besorgt hat. Jetzt haben sie auf die Geheimdienste direkten Zugriff.
Verbale Aggressionen und Drohungen („Aufräumen“) gegen ihre Kritiker und Gegner gehören seit Jahrzehnten zum Repertoire der FPÖ, der neue Innenminister war ein besonderer Feindbildmaler. Da darf man schon befürchten, dass die Geheimdienste unter blauem Kommando ein scharfes Auge auf die „Links-Linken“richten. Allein die Möglichkeit solch parteipolitischer Ausrichtung der Dienste ist ein schwer erträgliches Drohpotenzial gegenüber der kritischen Zivilgesellschaft.
Aber alle Befürchtungen seien haltlos, versicherte Strache bei der Antrittspressekonferenz der neuen Regierungsspitze. Schließlich würden die Geheimdienste gegenüber dem Bundeskanzleramt berichtspflichtig werden. Was er nicht dazusagte: Zuständig ist im Kanzleramt dafür der Vizekanzler.