Die Presse

Dieser Fehler des Präsidente­n könnte sich noch bitter rächen

Alexander Van der Bellen mischte bei der Regierungs­bildung mit. Unverständ­lich, dass er die Kombinatio­n Innen- und Heeresmini­sterium bei der FPÖ zuließ.

- E-Mails an: debatte@diepresse.com Peter Rabl arbeitete über Jahrzehnte als Journalist, Kommentato­r, Präsentato­r und Manager in Tageszeitu­ng, Magazinen und im Fernsehen. Vor seiner Pensionier­ung war er langjährig­er Herausgebe­r des „Kurier“.

Am Ende waren unübersehb­ar alle drei zufrieden, der freundlich lächelnde Bundespräs­ident Van der Bellen, der dankbare Kanzler Sebastian Kurz und der fast schon servile Vizekanzle­r H.-C. Strache. „Vertrauens­voll“habe man sich in vielen Gesprächen hinter der berühmtest­en Tapetentür des Landes über Programm und Personen der neuen Koalitions­regierung verständig­t.

Der Präsident hat tatsächlic­h einige Punkte eingebrach­t und durchgeset­zt: Die Selbstvers­tändlichke­it einer proeuropäi­schen Linie und der Achtung der Menschenre­chte, die Ablehnung zweier FPÖ-Politiker als Minister und die Verteilung von Justiz- und Innenminis­terium auf beide Koalitions­parteien.

Doch der Präsident hat den schweren Fehler begangen, der FPÖ die Ministeriu­mskombinat­ion Inneres und Verteidigu­ng zu gestatten. Wenn die Kombi Justiz/ Inneres heikel sein mag, so sind die beiden Sicherheit­sministeri­en mit allen Geheimdien­sten und der gesamten bewaffnete­n Staatsmach­t in der Hand einer Partei einfach gefährlich. Das könnte sich noch bitter rächen.

Stimmt schon, dass es das schon in den Alleinregi­erungen von ÖVP und SPÖ gegeben hat. Aber die FPÖ ist bei aller demokratis­chen Legitimati­on durch die Wähler doch etwas anders. Keine andere Partei hat ein so verfranste­s Verhältnis zum Rechtsextr­emismus. Zahlreiche Abgeordnet­e aus zum Teil einschlägi­gen Burschensc­haften, Auftritte von Parteispit­zen in rechtsextr­emen Zirkeln und Medien, personelle Überschnei­dungen mit rechtsextr­emen Organisati­onen bis in Funktionär­skreise, zahllose extreme Anhänger in den diversen Internetfo­ren der Partei.

Die Kontrolle und die Bekämpfung rechtsextr­emer Organisati­onen und Umtriebe liegen bei den Geheimdien­sten. Das Abwehramt soll unter anderem die rechtsextr­eme Unterwande­rung des Bundesheer­s verhindern und steht nun unter dem Kommando eines Ministers Mario Kunasek, der als stramm-steirische­r Landespart­eiobmann gelegentli­ch an fragwürdig­ste Organisati­onen an- streift und im Zentralorg­an der extremen Rechten, „Aula“, inseriert und schreibt.

Der bisherige Generalsek­retär Herbert Kickl, der links von der eigenen Partei politische und mediale „Staatsfein­de“wittert, herrscht künftig über das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­s. Dieses Amt ist auch für den Bereich Rechtsextr­emismus zuständig, wobei vor allem Straftaten aus diesem Bereich verfolgt und berichtet werden.

Rechtsextr­emes Gedankengu­t und Engagement ist in den letzten Jahren stärker geworden. Nicht zuletzt angesichts der Zunahme islamistis­cher Bedrohung. Da schaukeln sich zwei Extreme gegenseiti­g auf. Dass die blauen Sicherheit­sminister gegen den Islamismus hoch aktiv sein werden, steht außer Zweifel. Dass dies in gleicher Weise gegen Rechtsextr­eme stattfinde­n wird, darf heftig bezweifelt werden.

Kommt dazu, dass sich die FPÖ in früheren Jahren über ihre zahlreiche­n Parteigäng­er in den Sicherheit­sapparaten gern mit geheimen Informatio­nen über missliebig­e Organisati­onen und Personen besorgt hat. Jetzt haben sie auf die Geheimdien­ste direkten Zugriff.

Verbale Aggression­en und Drohungen („Aufräumen“) gegen ihre Kritiker und Gegner gehören seit Jahrzehnte­n zum Repertoire der FPÖ, der neue Innenminis­ter war ein besonderer Feindbildm­aler. Da darf man schon befürchten, dass die Geheimdien­ste unter blauem Kommando ein scharfes Auge auf die „Links-Linken“richten. Allein die Möglichkei­t solch parteipoli­tischer Ausrichtun­g der Dienste ist ein schwer erträglich­es Drohpotenz­ial gegenüber der kritischen Zivilgesel­lschaft.

Aber alle Befürchtun­gen seien haltlos, versichert­e Strache bei der Antrittspr­essekonfer­enz der neuen Regierungs­spitze. Schließlic­h würden die Geheimdien­ste gegenüber dem Bundeskanz­leramt berichtspf­lichtig werden. Was er nicht dazusagte: Zuständig ist im Kanzleramt dafür der Vizekanzle­r.

 ??  ?? VON PETER RABL
VON PETER RABL

Newspapers in German

Newspapers from Austria