Für Grasser wird es eng
Buwog-Verfahren. Das rasche Teilgeständnis von Peter Hochegger belastet nicht nur KarlHeinz Grasser. Es sorgt für Ungewissheit in den Reihen der Verteidigung. Und das spürt man.
Seit dem Geständnis Hocheggers ist der Prozess gegen Karl-Heinz Grasser von Unsicherheit geprägt.
Seit Ex-Lobbyist Peter Hochegger seinen Anwalt damit beauftragte, ein Teilgeständnis in der Causa Buwog bekannt zu geben, ist die Abwehrfront der Verteidigung durchbrochen. Der Untreueprozess um den mutmaßlich „geschmierten“Verkauf von 60.000 Bundeswohnungen ist seither von Ungewissheit geprägt.
1 Was sagt eigentlich Karl-Heinz Grasser zu dieser Entwicklung?
„Es hat mich sehr betroffen gemacht. Denn es ist klar, dass hier der PR-Mann Hochegger versucht, sich mit der Unwahrheit freizukaufen. Und dass er dabei nicht davor zurückschreckt andere in den Schmutz zu ziehen. Das war für mich wirklich eine massiv negative Überraschung.“Das erklärte der frühere Finanzminister und nunmehrige Hauptangeklagte am Montag am Rande des fünften Verhandlungstags. Seinen früheren Vertrauten Hochegger nennt er nun „PR-Mann“; von einem Schwenk der eigenen Verteidigungslinie (nicht schuldig) ist bei Grasser vorerst keine Rede. Indessen macht Grasser-Anwalt Manfred Ainedter Medien darauf aufmerksam, dass Hochegger psychische Probleme gehabt habe. Man schwört sich also darauf ein: Hochegger sei unglaubwürdig.
2 Hat das (erste) Geständnis für Angeklagte auch gute Seiten?
In der Tat. Hochegger hat nämlich – via Anwalt Leonhard Kregcjk – keinesfalls alles zugegeben. Den von der Anklage viel strapazierten „Tatplan“, wonach Grasser und Co. vorgehabt hätten, bei Privatisierungsvorhaben des Bundes systematisch zu kassieren, stellt Hochegger infrage. Und: Die Angaben jenes Zeugen, der aussagt, er, Hochegger, habe von einem „Tatplan“erzählt, seien „frei erfun- den“. Weiter: Beim Anklagepunkt Terminal Tower (die Übersiedlung der Finanz in dieses Linzer Hochhaus soll auch durch Korruption eingefädelt worden sein) sei eine Involvierung Grassers „nicht sichtbar“gewesen. Und wie der fünfte Verhandlungstag zeigt, lässt sich das Geständnis nützen. So verwies Oliver Plöckinger, Verteidiger des Ex-Raiffeisen-Oberösterreich-Vorstands Georg Starzer, auf Folgendes: Starzer könne keinesfalls schon Anfang 2005 gewusst haben, dass Hochegger als Mittelsmann von Grasser aufgetreten sei. Und dass Grasser, wie die Anklage meint, am oberen Ende der Bestechungskette gestanden sei. Denn Hochegger habe ja erklärt, von Grassers Rolle selbst erst „in der zweiten Jahreshälfte 2005“erfahren zu haben.
3 War es das? Oder kann Hochegger noch nachlegen?
Hochegger könnte noch Munition haben. Er wurde bisher nicht persönlich befragt. Damit könnte Richterin Marion Hohenecker heute, Mittwoch, beginnen. Sie könnte die Einvernahme des (bisher) einzig geständigen Angeklagten vorziehen, um danach Grasser, den Ex-Lobbyisten Walter Meischberger und den Immobilienmakler Ernst Plech damit zu konfrontieren. Welche Information könnte Hochegger liefern? Möglicherweise verrät er, von wem er erfahren haben will, dass an Grasser ein Teil der Buwog-Provision überwiesen werden sollte, nämlich 2,4 Millionen Euro. Bisher hat Hochegger nur wissen lassen, dass er von der heimlichen Aufteilung der Provision in der zweiten Jahreshälfte 2005 „durch eine Indiskretion“(!) Wind bekommen habe.
4 Wie wird sich das Teilgeständnis prozessual auswirken?
Ein (Teil-)Geständnis erhöht natürlich den Druck auf andere Be- schuldigte. Wer etwas zugibt, kann für sich den Milderungsgrund in Anspruch nehmen, zur Aufklärung beigetragen zu haben. Dies wiederum bringt im Falle einer Verurteilung eine mildere Strafe.
5 Was heißt all das für die Vorgangsweise der Verteidigung?
Die Anwälte müssen bereit sein, das eine oder andere Konzept wieder zu verwerfen. Eine eingeschworene Front gegen die Anklage bilden die Verteidiger jedenfalls nicht (mehr). So wies etwa StarzerAnwalt Plöckinger Angaben des angeklagten Ex-Immofinanz-Chefs Karl Petrikovics (er sorgte dafür, dass die Buwog-Provision floss) zurück. Man sieht: Es ist eher individuelles denn kollektives Vorgehen der Verteidiger angesagt.
Dementsprechend setzte etwa der Anwalt von Ex-PetrikovicsMitarbeiter Christian Thornton, Lukas Kollmann, auf das PR-Motto „Stay on message“. Er betonte mehrfach – ohne viel Seitenblicke auf andere Angeklagte – sein Mandant habe zwar die Provisionszahlung an Hochegger abgewickelt, aber erst nachdem die Leistung (erfolgreiche Vermittlung des Buwog-Deals) erbracht worden sei. Der Untreuevorwurf sei verfehlt.