Gericht kippt Numerus clausus
Deutschland. Die Vergabe der Medizinstudienplätze muss neu geregelt werden. Am Andrang nach Österreich wird das aber nichts ändern.
Die Studienplatzvergabe für Medizin ist teilweise verfassungswidrig. Bis Ende 2019 muss eine Neuregelung vorgenommen werden.
Karlsruhe. Auch ein Abiturschnitt von 1,2 ist in Deutschland keine Garantie mehr, um an einen Medizinstudienplatz zu kommen: Das dürfte sich nun allerdings ändern. Denn die deutschen Verfassungsrichter in Karlsruhe haben am Dienstag den Numerus clausus in Medizin für teilweise verfassungswidrig erklärt. Das Verfahren, nach dem die begehrten Studienplätze in Deutschland vergeben werden, muss reformiert werden.
Die Zugangsbeschränkung an sich stellen die Richter aber nicht infrage: Auch in Zukunft wird nur ein kleiner Teil der Abiturienten, die gern Medizin studieren möchten, einen Platz bekommen. Und viele derjenigen, die das in Deutschland nicht schaffen – zuletzt gab es rund 43.000 Bewerber für 9176 Studienplätze – werden es weiterhin in Österreich versuchen. Wenn die Platzvergabe neu geregelt wird, werden es zukünftig vielleicht andere Studierende sein.
Derzeit ist es in Deutschland so: 20 Prozent der Medizinstudienplätze gehen über ein reichlich kompliziertes System mit eigenen Länderquoten an die Bewerber mit den besten Abiturnoten – daran wird von den Verfassungsrichtern nicht gerüttelt. Weitere 20 Prozent werden nach Wartezeit vergeben, also an die Bewerber, die bereits am längsten auf einen Platz warten. Diese Zeit muss aber beschränkt werden: Derzeit muss je- mand, der keinen Studienplatz erwischt hat, 14 Semester warten, bis er drankommt. Das ist länger, als das gesamte Studium dauert.
60 Prozent der Studienplätze für Medizin vergeben die 35 Hochschulen selbst. Auch hier spielt die Note aber eine wichtige Rolle, an manchen Hochschulen ist sie sogar das einzige Kriterium. Das ist zu viel Gewicht, meinen die Richter: Zukünftig müssen die Hochschulen mindestens ein anderes Kriterium einbeziehen, das eine Rolle für die Eignung zum Arztberuf spielt. Und zwar standardisiert. Zudem müssen auch die Unis sicherstellen, dass die Noten aller Bundesländer vergleichbar sind – weil es kein einheitliches Abitur gibt, haben es die Schüler mancher Bundesländer schwerer.
Die Abiturnote muss vorgehen
Auch bei der Abiturbestenquote muss aber etwas geändert werden: Derzeit müssen Bewerber, die es via Note schaffen wollen, sechs bevorzugte Studienorte angeben. Ist die Konkurrenz dort besonders groß, kann aber auch jemand mit Top-Abitur leer ausgehen. Das muss geändert werden, sagen die Richter. Außerdem sei die Begrenzung auf sechs Orte willkürlich. Detail am Rande: Laut „Spiegel“kann man die Beschränkung bei den Orten im Online-Vergabesystem nicht einfach so ändern: Die Software ist zu alt. (beba)