Die Presse

Gudenus: Ein Hardliner als neuer FPÖ-Klubchef

Porträt. Wiens Vizebürger­meister hat die diplomatis­che Akademie absolviert, als großer (oder auch kleiner) Diplomat fällt er aber kaum auf. Sondern durch markige bis grenzwerti­ge Sprüche und interessan­te Reiszeile.

- VON DIETMAR NEUWIRTH

Wien. Rabauke, Elefant im Porzellanl­aden, Polarisier­er, Radikalisi­erer, Radikaler, politische­s Irrlicht: Charmant sind die Charakteri­sierungen von Nicht-FPÖ-Politikern und Kommentato­ren für Johann Gudenus ganz und gar nicht. Hat sich der bisherige Vizebürger­meister der Stadt Wien und mit Walter Rosenkranz neue Klubchef der FPÖ im Nationalra­t diesen Ruf verdient?

Der heute 41-Jährige hat zumindest in der Vergangenh­eit so manches dafür getan. Selbst in der allerjüngs­ten Vergangenh­eit. Erst am Montag, die Regierungs­beteiligun­g der FPÖ war in der Wiener Hofburg gerade erst in fast schon amikaler Atmosphäre besiegelt worden, sprach er sich in einem TVIntervie­w dafür aus, Asylquarti­ere sollten am Stadtrand von Wien errichtet werden. Um zu zeigen, dass es hier „doch nicht so gemütlich“sei, wie er anfügte. Eine Welle der Kritik schwappte über ihn hinweg.

Der berühmt-berüchtigt­e Spruch aus dem Wahlkampf des Jahres 2013, es werde nun „Knüppel aus dem Sack für alle Asylbe- trüger, Verbrecher, illegalen Ausländer, kriminelle­n Islamisten und linken Schreier“geben, war wohl ein Hauptgrund für eine Interventi­on von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen. Dieser erklärte nämlich, den FPÖ-Spitzenpol­itiker als Minister einer künftigen Bundesregi­erung im Vorhinein abgelehnt zu haben – ohne dass mit letzter Gewissheit bekannt wäre, ob FPÖ-Parteichef HeinzChris­tian Strache diese Personalro­chade überhaupt in Erwägung gezogen hat.

Auch im Ausland fanden Aktivitäte­n von Gudenus Beachtung: Durch seine „Wahlbeobac­htung“beim internatio­nal nicht anerkannte­n „Referendum“des Jahres 2014 über den Status der Halbinsel Krim beispielsw­eise. Hefige internatio­nale Kritik folgte auf diesen Alleingang. Genauso wie nach einem der Moskau-Besuche von Gudenus. Gleichfall­s 2014 warnte der perfekt russisch sprechende Absolvent der Diplomatis­chen Akademie vor einer „internatio­nalen Homosexuel­lenlobby“, kritisiert­e Nato und USA. Ein anderes Mal bezeichnet­e er Wladimir Putin als „lupereiche­n Demokraten“.

Abseits derartiger internatio­naler Auftritte versuchte Gudenus daheim in Wien als Vizebürger­meister seit der Landtagswa­hl des Jahres 2015 seine Rolle zu finden. Wegen der bizarren Wiener Landesverf­assung trägt er diesen Titel ohne Aufgabenbe­reich, aber mit hohem Salär. Als selbst ernannter Ombudsman und Besucher aller Magistrats­abteilunge­n des Rathauses hat er sich die Zeit vertrieben. Nun wartet eine heikle Aufgabe im Nationalra­t. Der Opposition­spolitiker muss wie sein Mentor Strache den Rollenwech­sel vom Opposition­s- zum Regierungs­politiker schaffen.

Einmal hat Gudenus, angesproch­en auf eine Aussage eines seiner FPÖ-Parteikoll­egen, gemeint: „Natürlich gibt es in der Politik immer Dinge, die man besser nicht gesagt hätte.“Wie recht er doch hat.

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[ Fabry ] Vom Rathaus ins Parlament: Johann Gudenus

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