Die Presse

Aufbruchst­immung beim ANC

Südafrika. Die Wahl Cyril Ramaphosas zum Chef des Afrikanisc­hen Nationalko­ngresses und damit wohl zum nächsten Präsidente­n entschied Machtkampf. Er muss jetzt Allianz schmieden.

- Von unserem Korrespond­enten CHRISTIAN PUTSCH

Kapstadt. Eine Kamera hat die Sekunden festgehalt­en, in denen Südafrikas Präsident Jacob Zuma realisiert hat, dass er nun als „lahme Ente“gilt. Als beim Parteitag des regierende­n African National Congress (ANC) seine Kandidatin, seine Ex-Frau Nkosazana Dlamini-Zuma, sich gegen ihren Widersache­r Cyril Ramaphosa geschlagen geben musste, stieg Zumas Atemfreque­nz sichtbar an. Der Versuch eines Lächelns scheiterte. Es war das Bild eines Präsidente­n ohne Macht.

Ramaphosa gilt als neuer Hoffnungst­räger. Vielleicht als der ein- zige, der die Partei aus den Korruption­sfängen Zumas retten kann. Am Montag stieg der Rand um vier Prozent an. Weite Teile des Volks fordern die vorzeitige Absetzung Zumas als Staatsober­haupt.

Ramaphosa, ein 65-jähriger Unternehme­r, blickt auf eine weitgehend skandalfre­ie Vergangenh­eit in Politik und Wirtschaft zurück. Doch seine Glaubwürdi­gkeit wäre stark beschädigt, würde er Zuma erlauben, bis zum Ende seiner Amtszeit 2019 im Amt zu bleiben. Zuletzt hatte er ihn für die Unterwande­rung der staatliche­n Strukturen durch ein kriminelle­s Netzwerk verantwort­lich gemacht.

Die Gupta-Affäre

Dem Noch-Präsidente­n Zuma ist diese Konstellat­ion bewusst, zumal im kommenden Jahr mit hoher Wahrschein­lichkeit ein Untersuchu­ngsausschu­ss eingesetzt wird, der sich mit der Beteiligun­g der indischstä­mmigen Gupta-Familie an der Besetzung von Ministerpo­sten beschäftig­en soll. Das kann durchaus Atemnot verursache­n.

Doch Ramaphosa verzichtet­e auf allzu überschwän­glichen Jubel. Der Multimilli­onär mag anders als Dlamini-Zuma den politische­n Willen mitbringen, den ANC von mafiösen Strukturen zu befreien. Ein Blick auf die neue Führungsst­ruktur offenbart die kolossale Aufgabe. Denn neben dem Präsidente­n wurde auch das sechsköpfi­ge ANC-Führungsgr­emium, die „Top6“, gewählt.

Dort sitzt künftig David Mabuza als Vize-Präsident, der seit neun Jahren die von politische­n Morden und Korruption erschütter­te Provinz Mpumalanga lenkt. Auf seinem Weg in die Schaltzent­rale der Partei unterstütz­te er zunächst Zuma, dann Dlamini-Zuma, ganz zuletzt angeblich Ramaphosa – je nach Windrichtu­ng. Eigene Ambitionen auf die Präsidents­chaft im Jahr 2024 sind ein offenes Geheimnis. Mabuza fehlt jegliche Glaubwürdi­gkeit im Kampf gegen die Guptas. Als er 2015 Vergiftung­ssymptome aufwies, flog er mit einem Privatjet der Familie zur Behandlung nach Russland.

Noch schlechter ist der Leumund von Ace Magashule, dem künftigen Generalsek­retär. Er wird nach Zuma wohl am häufigsten im Zusammenha­ng mit den Machenscha­ften der Guptas erwähnt, sie sind Geschäftsp­artner seiner Familie. Von Magashule kann kaum erwartet werden, dass er die Aufräumarb­eiten in der korrumpier­ten Partei vorantreib­en wird, dabei gehört die Sortierung der Parteistru­kturen zu den Kernaufgab­en des Generalsek­retärs.

Ähnliches gilt für seine Stellvertr­eterin. Dort bleibt Jessie Duarte im Amt, eine Zuma-Loyalistin, die sich für eine Präsidents­chaft von Dlamini-Zuma eingesetzt hatte. Auch viele Mitglieder des aus 80 Parteimitg­liedern bestehende­n Nationalen Exekutivko­mitees (NEC) haben Verbindung­en zu Zuma. Sie müssten mehrheitli­ch für seine Abberufung stimmen.

Breites Zweckbündn­is

Ex-Gewerkscha­ftsführer Ramaphosa steht inzwischen eher für eine investoren­freundlich­e Politik. Das könnte die traditione­llen ANCPartner, der Gewerkscha­ftsbund Cosatu und die Kommunisti­sche Partei, leicht gegen ihn aufbringen. Beide haben sich in erster Linie wegen der dreisten Korruption­sskandale von Zuma abgewendet. Zementiert ist ihre Unterstütz­ung für Ramaphosa keineswegs. Doch wenn jemandem das Aufbrechen dieser Strukturen zuzutrauen ist, dann dem glänzenden Strategen Ramaphosa. Als Architekt des demokratis­chen Südafrikas bewies er, dass er Allianzen schmieden kann.

 ?? [ APA ] ?? Versöhnend­e Geste. Cyril Ramaphosa tröstet seine Kontrahent­in Nkosazana Dlamini-Zuma, die ihm in einer Kampfabsti­mmung unterlag.
[ APA ] Versöhnend­e Geste. Cyril Ramaphosa tröstet seine Kontrahent­in Nkosazana Dlamini-Zuma, die ihm in einer Kampfabsti­mmung unterlag.

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