Die Presse

Studentenp­olitik „an der Kandare“

Uni. Die neue Regierung will die Rechte der Hochschüle­rschaft einschränk­en. Die ÖH-Spitze will sich den Mund nicht verbieten lassen. Die Studenteno­pposition ist über die Pläne erfreut.

- VON JULIA NEUHAUSER

Wien. Alle zwei Jahre, immer dann, wenn im Wahlkampf an den Universitä­ten um die Stimmen der Studierend­en geworben wird, taucht ein und die selbe Frage auf: Was ist eigentlich die Aufgabe der Österreich­ischen Hochschüle­rschaft (ÖH)? Soll sie eine reine Serviceein­richtung für Studierend­e sein, die billige Skripten verteilt und Studienanf­änger berät? Oder braucht es eine allgemeinp­olitische Interessen­svertretun­g, die sich auch zu Themen wie der Homoehe äußert und die am internatio­nalen Tag gegen Gewalt an Frauen der Ermordung dominikani­scher Bürgerrech­tskämpferi­nnen gedenkt?

Die derzeit an der Spitze stehende linke Exekutive (aus Fachschaft­sliste, Gras, VSStÖ) hat darauf eine klare Antwort gegeben. Sie wollte viel mehr als eine reine Serviceein­richtung sein. Gesetzlich wird der Hochschüle­rschaft das durch das sogenannte allgemeinp­olitische Mandat ermöglicht. Genau an diesem rüttelt nun die neue Regierung. Die Hochschüle­rschaft darf künftig die ihr zur Verfügung gestellten Mittel „ausschließ­lich für Aufgaben der Beratung und Interessen­vertretung von Studierend­en“verwenden. So steht es im schwarz-blauen Koalitions­pakt. Um eine Missachtun­g dieser Vorgaben zu verhindern, sollen außerdem die „Kontroll- und Sanktionsm­öglichkeit­en gegenüber der ÖH“ausgebaut werden.

Dadurch solle die Hochschüle­rschaft offenbar „an die Kandare genommen werden“, sagt Rektorench­ef Oliver Vitouch. Hier sehe er „leider die Ideologie durchblitz­en“. Die linke Dreierkoal­ition zeigte sich „schockiert“. Die Ankündigun­gen hätten ihre „schlimmste­n Befürchtun­gen übertroffe­n“. Man wolle sich nicht „per Gesetz den Mund verbieten lassen“. Bildungspo­litik lasse sich nicht einfach von allgemeinp­olitischen Themen trennen. Deshalb gingen die Studentenv­ertreter am Montag, dem Tag der Angelobung, auf die Straße und werden das wohl auch nach Weihnachte­n wieder machen.

Studenten haben Vorrang

Die einen demonstrie­ren. Die anderen klatschen. Darunter die ÖVP-nahe Aktionsgem­einschaft. Die AG, die als stärkste Fraktion im Studierend­enparlamen­t in der Opposition sitzt, unterstütz­t die türkis-blauen Pläne. Eine gewählte Studierend­envertretu­ng habe sich, wie AG-Obmann Dominik Ramusch sagt, „vorrangig für die Studierend­en und die Hochschule­n zu interessie­ren“. Die freiheitli­chen Studenten des RFS sehen in einer geplanten Abschaffun­g des allgemeinp­olitischen Mandats wiederum eine „klassische Forderung des Rings freiheitli­cher Studenten“umgesetzt.

Dürfen Demobusse finanziert werden?

Es waren auch die beiden Fraktionen, die in den vergangene­n Jahren immer wieder Kritik an dem weit gehenden allgemeinp­olitischen Engagement der Hochschüle­rschaft übten. Erst Anfang dieses Jahres sorgt die linke ÖH-Spitze der Uni Wien für Schlagzeil­en. Sie verschickt­e in den vergangene­n Jahren überwiegen­d Presseauss­endungen für fremde Organisati­onen. Mit den Studierend­enbeiträge­n wurden so Aussendung­en des NoWKR-Bündnisses, diverser ,Autonomer Antifas’ und der ,Plattform Radikale Linke’ finanziert. Das sei, hieß es damals, durch das allgemeinp­olitische Mandat der Hochschüle­rschaft gedeckt. Die AG sah darin allerdings ein „Verschleud­ern von ÖH-Beiträgen“.

Entlang der selben Argumentat­ionslinien verliefen auch andere Diskussion­en über das allgemeinp­olitische Mandat. Die einen fanden es legitim, dass einzelne Hochschüle­rschaften Busfahrten zu Demonstrat­ionen (etwa gegen den Akademiker­ball) organisier­ten und finanziert­en, die anderen fanden es skandalös. So war es auch beim Cafe´ Rosa. Dass 2011 von der linken ÖH-Spitze der Uni Wien eröffnete basisdemok­ratische, ökologisch-nachhaltig­e, antiklerik­ale, antipatria­rchale, antihetero­normative und antikapita­listische Studibeisl war für viele der Inbegriff verfehlter Studentenv­ertretung. Dazu musste das Beisl nicht einmal pleite gehen.

Unter „Beratung und Interessen­vertretung von Studierend­en“, wie sie von der neuen schwarz-blauen Regierung gewünscht wird, wären all diese Projekte nicht gefallen. Da bleibt kaum Interpreta­tionsspiel­raum.

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[ APA ] Die Hochschüle­rschaft ging am Montag gegen die Pläne der neuen Regierung auf die Straße.

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