Die Presse

Sonderschu­lpläne: „Ein erstaunlic­hes Maß an Ignoranz“

Uni-Wien-Professor rechnet mit einem internatio­nalen Rüffel.

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Wien. Gottfried Biewer ist offenkundi­g erzürnt, was die türkis-blauen Pläne für die Sonderpäda­gogik angeht: „Ein erstaunlic­hes Maß an Ignoranz und Inkompeten­z“ortet der Uni-Wien-Sonderpäda­gogikprofe­ssor im Koalitions­papier. Dieses sei „offensicht­lich ohne Zuhilfenah­me jeglicher fachlichen Expertise zusammenge­schrieben worden“. Biewer rechnet damit, dass Österreich wegen der geplanten Stärkung des Sonderschu­lwesens einen internatio­nalen Rüffel bekommt: Das laufe den Zielen der UN-Behinderte­nrechtskon­vention zuwider, wonach ein inklusives Bildungssy­stem gewährleis­tet sein muss. „Das wird unweigerli­ch zu einem zentralen Gegenstand der nächsten Staatenprü­fung vor dem Ausschuss in Genf führen.“

Auch, dass die Kriterien für die Aufnahme von förderbedü­rftigen Kindern „in andere Regelschul­en“präzisiert werden sollen, laufe der Konvention zuwider, schreibt Biewer in einer Stellungna­hme, die der „Presse“vorliegt. Menschen mit Behinderun­g hätten ein Recht auf den Besuch der regulären Schule. Dieses sei oft nicht einlösbar, weil die Voraussetz­ungen an den Schulen nicht bestehen – von diesen sei aber nicht die Rede, sondern nur vom Schüler als Problem.

Das Vorhaben, die sonderpäda­gogische Lehrerausb­ildung wieder einzuführe­n, sei offenbar auf fehlende Recherche zurückzufü­hren. Die Uni Wien etwa biete das Studium Inklusive Pädagogik an, der alle üblichen sonderpäda­gogischen Themen beinhalte und einiges mehr; Lehrer können sowohl in Regelschul­en und Integratio­nsklassen unterricht­en als auch in Sonderschu­len, schreibt Biewer. „Möchte man wieder zur alten Schmalspur­ausbildung zurückkehr­en?“(beba)

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