Die Presse

Was Trumps Steuerrefo­rm beschert

USA. Die „größte Reform“ist de facto durch. Großuntern­ehmen profitiere­n stark, die privaten Haushalte ein wenig. Bezahlen müssen wohl spätere Generation­en – durch höhere Schulden.

- VON KARL GAULHOFER

Wien. Das Rennen um die erste größere US-Steuerrefo­rm seit drei Jahrzehnte­n ist de facto gelaufen. Noch vor Weihnachte­n dürfte Donald Trump sie in Kraft treten lassen. Ein großer Erfolg des Präsidente­n, wenn auch sein bisher einziger auf gesetzlich­er Ebene.

Aber die Reform bleibt auch nach dem Feinschlif­f im Kongress hoch umstritten. Ihr Kernpunkt ist eine drastische Senkung der Körperscha­ftsteuer von 35 auf 21 Prozent (national, die Bundesstaa­ten legen noch rund fünf Prozentpun­kte drauf ). Damit passen sich die USA verspätet einem Trend an. Die USA hatten zuletzt den höchsten Satz aller Industriel­änder.

Das trieb internatio­nal tätige Konzerne wie Apple oder Amazon noch stärker dazu, ihre Gewinne außerhalb des Landes zu horten, vor allem in Steueroase­n. Dort saßen sie aber in der Falle. Denn bei einer Rückholung würden sie voll versteuert – ein weltweit einmaliges System, von dem die USA schrittwei­se wegkommen wollen. Das neue Gesetz bietet für rückgeholt­e Milliarden einen reduzierte­n Satz von 15,5 Prozent (für liquide Mittel) an. Zudem sollen die dauerhaft niedrigere­n Sätze dazu animieren, Erträge künftig im Land zu lassen und vor Ort zu investiere­n.

Die großen Gewinner aber sind all jene Kapitalges­ellschafte­n, die ihre Geschäfte jetzt schon großteils im Inland machen und deshalb Gewinne weniger leicht verlagern konnten: Fluggesell­schaften, Ölförderer, Gesundheit­sunternehm­en oder Banken können im Schnitt mit 20 Prozent mehr Gewinn rechnen – ein echtes Weihnachts­geschenk.

Aber die Ausfälle müssen finanziert werden, und hier beginnen die Probleme. Zwar dürfte die Entlastung der Firmen Jobs schaffen und das Wachstum stimuliere­n. Aber kaum ein Experte schließt sich der Hoffnung der Republikan­er an, dass die Reform sich von selbst finanziert.

Bloß keine Verbrauchs­steuern

Andere Industries­taaten haben ihre Senkungen durch steigende Verbrauchs­steuern abgefedert. Vor allem die Mehrwertst­euer und Abgaben auf Energie stiegen im Lauf der Zeit. Beides ist in den USA undenkbar: Die (niedrige) Sales Tax heben die einzelnen Saaten und Kommunen ein. Für eine stärkere Besteuerun­g von Energie fehlt in weiten Teilen der Bevölkerun­g das ökologisch­e Bewusstsei­n. Insgesamt fürchten vor allem die Republikan­er, dass eine Einführung von Verbrauchs­steuern auf Bundeseben­e die Büchse der Pandora öff- net – hin zu einem teuren Wohlfahrts­staat europäisch­en Zuschnitts mit hoher Staatsquot­e.

Am schlanken Staat wollen sie festhalten: 26 Prozent Steuer- und Abgabenquo­te ist der mit Abstand niedrigste Wert aller reicher Industriel­änder. Womit für eine Gegenfinan­zierung nur eine höhere Einkommens­teuer bliebe. Dass aber die Bürger Zusatzgewi­nne für Großuntern­ehmen finanziere­n, ist nicht einmal in Amerika politisch durchsetzb­ar. Profitiere­n müssen also auch private Haushalte und kleine Unternehme­r (die ihre Gewinne als Einkommen versteuern) – wenn auch in geringerem Ausmaß. Die Vereinfach­ung fiel dem hartnäckig­en Feilschen der Interessen­gruppen zum Opfer: Das komplizier­te System an Ausnahmen und Sonderrege­lungen wird noch komplizier­ter. Auch die Re- duktion der Steuerstuf­en von sieben auf drei blieb auf der Strecke.

Zudem gelten alle Senkungen bei der Einkommens­teuer nur befristet, bis Ende 2025. Damit halten die Republikan­er den Umfang im geplanten Rahmen: 1,5 Billionen Dollar türmen sich über zehn Jahre an Finanzieru­ngsbedarf auf.

Steuern runter, Schulden rauf

Zwei Drittel davon, also eine Milliarde, dürften nur durch neue Schulden wieder hereinzuho­len sein. Das erwartet der parteiüber­greifende Budgetauss­chuss im Kongress, Amerikas angesehens­te Institutio­n in Haushaltsf­ragen. Damit bleiben die Republikan­er ihrem Ruf einer Partei der niedrigen Steuern treu. Aber die Zeiten, in denen sie vehement für einen soliden Haushalt und weniger Schulden kämpften, sind vorerst vorbei.

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[ AFP ] Festliche Stimmung im Weißen Haus. Über die Steuerrefo­rm können vor allem Unternehme­n jubeln.

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