Die Presse

Weniger Regulierun­g für Raiffeisen & Co.

Banken. Genossensc­haftsbanke­n in Österreich und Deutschlan­d fordern einfachere Regeln für kleine Banken. Das fand Eingang ins schwarzbla­ue Regierungs­programm.

- VON JAKOB ZIRM

Wien. Es ist nur ein kurzer Satz im Regierungs­programm von ÖVP und FPÖ. Im heimischen Raiffeisen­sektor dürfte er aber für große Freude gesorgt haben. Auf Seite 130 des Papiers ist als Ziel zu lesen: „Proportion­alität bei der Regulierun­g kleiner Banken (weniger Regulierun­g)“. Die Regierung nimmt damit eine Forderung auf, die von den im deutschspr­achigen Raum stark vertretene­n Genossensc­haftsbanke­n in den vergangene­n Jahren bereits mit Nachdruck formuliert worden ist.

Konkret geht es dabei um die Frage, ob das Pendel der Regulierun­g in den Jahren nach der Finanzkris­e nicht zu weit in Richtung strengerer Regeln ausgeschla­gen hat. Denn vor allem kleinere Institute hätten unter den inzwischen überborden­den bürokratis­chen Vorgaben zu leiden, hieß es etwa erst jüngst aus dem heimischen Raiffeisen­verband.

Wirklich beeinfluss­en kann die Regierung die Regulierun­g zwar nicht, da diese auf EU-Ebene für den gesamten europäisch­en Bankenraum beschlosse­n werden muss. Sie kann hierbei allerdings – so wie es auch die deutsche Regierung bereits macht – entspreche­ndes Lobbying betreiben. Insofern sorgt der Vorstoß von ÖVP und FPÖ auch in Frankfurt, beim Bundesverb­and der Deutschen Volksund Raiffeisen­banken (BVR), für Zustimmung. „Wir freuen uns, wenn die österreich­ische Regierung das auch als ihr Ziel ansieht“, sagt BVR-Vorstand Gerhard Hofmann im Gespräch mit der „Presse“. Denn es mache einen großen Unterschie­d, ob nur die Banken etwas wollten oder ob auch Staaten dahinterst­ehen.

Es gehe hierbei nicht darum, „für kleine Banken einen Vorteil herauszuho­len“, so Hofmann weiter. Sondern es gehe um faire Be- dingungen im Wettbewerb mit großen Banken. „Denn regulatori­sche Kosten sind Fixkosten, die bei Kleinen viel stärker ins Gewicht fallen.“Wie schon der heimische Raiffeisen­verband erklärt auch Hofmann, dass es nicht um Erleichter­ungen bei den Kapitalode­r Liquidität­sanforderu­ngen gehe. „Wir wollen keinen niedrigere­n Sicherheit­sstandard.“Aber es gebe zu viel Bürokratie – etwa beim Meldewesen der Banken gegenüber der Aufsicht.

So müssten auch ganz kleine Institute sogenannte Offenlegun­gsberichte erstellen, die ursprüngli­ch als detaillier­te Informatio­n für Investoren bei großen Banken entwickelt wurden. „Bei kleinen Raiffeisen­banken braucht es keinen Offenlegun­gsbericht, weil es keine Investoren gibt. Außerdem ist man in der Region verankert und daher bekannt“, sagt Hofmann.

Bisher scheitert eine Erleichter­ung der Regeln auf EU-Ebene allerdings am Widerstand von Ländern, in denen Genossensc­haftsbanke­n kaum eine Rolle spielen – allen voran Frankreich und Spanien. Diese sehen das Thema misstrauis­ch und fürchten Wettbewerb­snachteile für ihre Institute. „Es gab hier aber auch das Missverstä­ndnis, dass wir niedrigere Kapitalvor­schriften haben wollen“, sagt Hofmann.

Grundsätzl­ich seien diese lockereren Regeln für den genossensc­haftlichen Sektor aber unumgängli­ch. Denn man dürfe durch die Regulierun­g funktionie­rende Strukturen nicht zerstören. „Derzeit wirkt die Regulierun­g aber strukturve­rändernd. Unsere Genossensc­haftsbanke­n gehören zu den erfolgreic­hsten Banken in Europa. Wir lassen uns das doch nicht von der Regulierun­g zerstören“, so Hofmann. Eine Forderung, die man in Berlin und Wien inzwischen bereits erhört hat.

Newspapers in German

Newspapers from Austria