Die Presse

Sportwette­nfirmen verlässt das Glück

Glücksspie­l. Der scheidende Finanzmini­ster und die neue Regierung sorgen für Unruhe: Es geht um Online-Sportwette­n und neue Spielbanke­nlizenzen.

- VON HEDI SCHNEID

Wien. Es war ein „Abschiedsg­eschenk“des scheidende­n Finanzmini­sters, Hans Jörg Schelling (ÖVP), für die an Überraschu­ngen ohnedies reiche Glücksspie­lszene: Per Verordnung hat Schelling das Finanzmini­sterium aus der Pflicht genommen, Spielbanke­nlizenzen zu vergeben und die Aufgabe an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrste­uern und Glücksspie­l übertragen.

Nicht nur die Branche ist ratlos: Das nun zuständige Finanzamt verwies auf „Presse“-Anfrage an das Finanzmini­sterium, dort ließ man die Anfrage unbeantwor­tet. Gerätselt wird, was das für die gesetzlich fixierten drei zusätzlich­en Casino-Lizenzen bedeutet.

Diese wurden 2012 auf Druck der EU zu mehr Wettbewerb ausgeschri­eben, da bisher nur die Casinos Austria (Casag) die Lizenzen für zwölf Spielbanke­n (und die eine für Lotterien plus OnlineGlüc­ksspiel) innehat. Den Zuschlag erhielt 2014 die Novomatic und die schweizeri­sch-deutsche Casinos Baden/Gauselmann­Gruppe. Nach Einspruch der Ca- sag hob das Bundesverw­altungsger­icht 2015 wegen Vergabemän­geln die Entscheidu­ng auf. Das Finanzmini­sterium, das mit seiner Revision 2016 beim Verwaltung­sgerichtsh­of abblitzte, hätte neu ausschreib­en oder das Glücksspie­lgesetz ändern müssen. Beides ist nicht erfolgt.

Mehr Geld für den Sport

Aber auch die neue Regierung hat Überraschu­ngen im Köcher: Sie will ein „Privileg“kippen und Online-Sportwette­n dem Glücksspie­lgesetz unterwerfe­n. „Einbeziehu­ng der Sportwette­nanbieter (Online-Sportwette­n) in das Glücksspie­lgesetz und Zweckwidmu­ng für den Sport“, heißt der Passus im Regierungs­programm. Generell geht es um „Evaluierun­g der Umsetzung der Ziele des Glücksspie­lgesetzes“, um eine „Kompetenzb­ereinigung“und die Valorisier­ung der Sportförde­rung. Derzeit müssen die Lotterien mindestens 80 Mio. Euro an den Sport ausschütte­n, wobei der Betrag mit den Abgaben der Lotterien steigt.

Details sind offen, aber eines ist klar: Was dem Sport zum Vorteil gereichen dürfte, birgt für die Sportwette­nanbieter Brisanz und bereitet ihnen daher Kopfzerbre­chen. In Österreich gelten im Gegensatz zu vielen europäisch­en Ländern Sportwette­n nicht als Glücksspie­l und unterliege­n daher nicht dem Glücksspie­lgesetz. Anbieter brauchen nur eine Konzession, die von den Bundesländ­ern vergeben wird. Gut zwei Dutzend Firmen sind hierzuland­e tätig, darunter Bet-at-win, Mr. Green und Tipico. Die Novomatic bietet über ihre Tochter Admiral so gut wie keine Online-Sportwette­n an.

Brauchen die Anbieter – möglicherw­eise sogar auch die Casag – künftig eine eigene Online-Sportwette­nlizenz? Was passiert mit den bestehende­n Konzession­en? Diese und mehr Fragen sind offen und dürften auch die Justiz beschäftig­en.

Ein positiver Aspekt: Gesetzlich könnte Klarheit geschaffen werden, denn viele Sportwette­nanbieter bieten auf ihren Websites auch andere Glücksspie­le an, was nur die Casag darf. Sie erachten die Konkurrent­en auch für illegal. Die wiederum verweisen auf Lizenzen anderer EU-Länder und die Dienstleis­tungsfreih­eit.

Newspapers in German

Newspapers from Austria