Puschkin in Oberlaa oder: Wenn Tante Mizzi schenkt
Was russische Literatur mit hiesiger Konditorware verbindet: eine nachweihnachtliche Mutmaßung.
Es ist schon so in diesen Tagen: Dem kurzen Fest des Schenkens folgen die langen Tage, an denen die jeweils Bedachten verzweifelt versuchen, sich manch gut gemeinter Gabe schnellstmöglich wieder zu entledigen. Denn nicht zuletzt unter unseren Christbäumen erfahren wir den tiefen Hintersinn des Gedankens, dass geben seliger denn nehmen sei: Unselig der, der all das nehmen muss, was da unter den erwartungsvollen Augen der jeweiligen Geber aus Geschenkpapier auszuwickeln ist.
Was aber, wenn ein Umtausch quasi von Vornherein ausgeschlossen scheint? Nein, nicht aus Gründen des Konsumentenrechts, vielmehr aus Erwägungen – sagen wir – der Diplomatie? Schließlich kennen wir sie alle, die gewissen Tante-Mizzi-Präsente, die wir – meist aus Familienraison – nicht einfach wegschmeißen, sondern im häuslichen Irgendwo deponieren, diskret genug, dass sie niemanden weiter stören, präsent genug, dass wir Tante Mizzi bei ihren allfälligen Besuchen die angemessene Wertschätzung für ihre ach so wohlüberlegten Dedikationen signalisieren können.
So oder so ähnlich muss auch zu erklären sein, was Alexander Puschkin nach Oberlaa brachte. „Geschenk der Stadtregierung Moskaus“steht auf dem Sockel festgehalten, der da seit bald 20 Jahren ein gut überlebensgroßes Puschkin-Standbild trägt. Und ehrlich gesagt: Was wenn nicht die Verlegenheit, die paar hundert Kilo Bronze anders nicht loszuwerden, könnte schon hinter der magistratischen Idee stecken, den Begründer der modernen russischen Literatur, geboren 1799 in Moskau, gestorben 1837 in Sankt Petersburg und nie auch nur in die Nähe Wiens geraten, ausgerechnet zwischen Therme Oberlaa, Kurkonditorei und einen riesigen Parkplatz zu platzieren? Je nun, Tante Mizzi ist eben überall – und sie schenkt nicht nur zur Weihnachtszeit.