„Das Edelweiß ist ein Migrant“
Überblick. Warum der Silvesterball auf Mode und der Wissenschaftsball auf Blumen setzt: Die Höhepunkte der Ballsaison zwischen Hofburg und Weltraum.
Um exakt 23.58 Uhr, so sieht es das Programm vor, beginnt Sonntagabend in der Wiener Hofburg der Mitternachtscountdown. Wenn zwei Minuten später die Pummerin vom Stephansdom herüber läutet und dann langsam die ersten Takte des Donauwalzers erklingen, haben die Gäste des Silvesterballs die wohl eleganteste Möglichkeit, typisch österreichisch ins neue Jahr zu tanzen – und sie eröffnen damit die Hochphase der aktuellen Ballsaison. Diese wird zwar kürzer als die letzte – dafür erwartet die Wirtschaftskammer mit 505.000 Besuchern einen neuen Rekord.
Doch zurück zum Silvesterball: Glaubt man den Organisatoren, sieht man dort schon die neuen Trends. Neuerdings versucht die Hofburg nämlich, den Ex-Kaiserball als Couture-Ereignis zu positionieren, an dem die Wiener Modemacher zeigen, was man trägt (weit schwingende Kleider, Farben von Rose´ und Flieder bis Violett). Erwartet werden dementsprechend die Designer Anelia Peschev, Martina Müller (Callisti), Maurizio Giambra (der Hofburg-Direktorin Alexandra Kaszay einkleidet) oder die junge Moskauerin Liliya Semenova, die in Wien ein Atelier betreibt und für Sopranistin Natalia Ushakova schneidert, die (neben Model Werner Schreyer) ebenfalls auf dem Ball sein wird. Weiter geht es dann am 11. Jänner mit dem Zuckerbäckerball (laut WK-Umfrage der beliebteste), tags darauf folgen die Steirer (11.), am 13. Jänner die Tiroler und die WU. Im Austria Center feiert der Niederösterreichische Bauernbundball sein 75-Jahr-Jubiläum, während im Palais Niederösterreich der Weltraumball seine Premiere begeht. Organisiert vom Österreichischen Weltraumforum zu dessen 20. Jahrestag, kann man sich eine Wiederholung schon jetzt durchaus vorstellen.
Am Donnerstag darauf heißt es wählen, Philharmoniker- und Kaffeesiederball finden heuer gleichzeitig statt. Für ersteren beginnt der Kartenverkauf am 8. Jänner, jener der Kaffeesieder läuft bereits (und wartet mit einem Silvesterangebot auf: Am 1. und 2. Jänner kosten vier Eintrittskarten samt Sitzplätzen 800 statt 936 Euro.) Erstmals mit einem Charity–Projekt engagiert sich der Juristenball (10. Febru- ar): Der Erlös seiner Tombola geht an den Weißen Ring. Schon länger unterstützt der Immobilienball (1. Februar) ein Projekt. 29.000 Menschen haben abgestimmt und sich für den Verein BONsurprise entschieden, der eine Wohnung für Familien kranker Kinder in Spitalsnähe anmieten wird.
Neuerdings gibt es vor dem Blumenball der Wiener Stadtgärten (19. Jänner) ein „Blumendinner“im Rathauskeller, das Edelweiß wiederum hat der Wissenschaftsball (27. Jänner) als Blumenschmuck gewählt – passend zum 100-Jahr-Jubiläum der Republik. Deutlich älter, 150 Jahre, ist die Angewandte, deren Studenten die Disco des Balls gestalten. „Sei mein Gast“-Tickets um 100 Euro ermöglichen den Besuch einem weiteren Gast, der sich den Besuch sonst nicht leisten könnte. Seinen beliebten Termin teilt sich der Ball unter anderem mit den Ärzten, Kärntnern und Vorarlbergern, dem JohannStrauss-Ball, dem Regenbogenball, jenem der Sargfabrik und der Grazer Opernredoute.
Spätestens auf dem Jäger- oder Opernball (29. Jänner und 8. Februar) wird man wohl auch Teile der neuen Regierung erstmals tanzen sehen. Für Opernball-Organisatorin Maria Großbauer wird es eine Premiere in Doppelfunktion: Sie sitzt bekanntlich neuerdings für die ÖVP im Nationalrat. Apropos Politik: Zumindest augenzwinkernd positioniert sich auch der als Gegenveranstaltung zum Akademikerball gegründete Wissenschaftsball – und verrät schon im Voraus: „Das Alpenedelweiß ist ein Migrant.“