Attacke auf ein Berner Würstel
IQmmer dieser Schweizer. Wieso steht er ihm regelmäßig im Weg? Da kann man schon wütend werden. Besonders dann, wenn man ohnehin denkt, benachteiligt zu sein, nicht genügend gewürdigt zu werden. So jedenfalls erlebt es jener Maler, der trotz etlicher Erfolge vergeblich auf den wirklich großen Durchbruch wartet. Seit zehn Jahren hofft er auf eine Berufung an die Wiener Akademie der bildenden Künste, um dort lehren zu dürfen. Wer, wenn nicht er? Er ist 1899 aus der österreichischen Provinz nach Wien gezogen und regelmäßig bei Ausstellungen mit seinen Historienbildern vertreten, die er zeitgemäß interpretiert. Dabei trifft er unerfreulich oft auf das OEuvre eines Schweizer Kollegen, der als Mitglied der Secession in der Donaumetropole sehr geschätzt wird. Und das ausgerechnet mit Kompositionen, wie auch er sie verwendet. Das schürt den Neid.
Als der gekränkte Künstler die Absage der Akademie bekommt – Thronfolger Franz Ferdinand hat gegen ihn interveniert –, folgt er dem Ruf der Weimarer Kunstschule. Zuvor aber widmet er sich der Beteiligung an der Sonderschau für „Monumental-dekorative Malerei“, die 1912 in Dresden gezeigt wird.
Und selbst dort, weit entfernt von den Alpen, die sie beide inspirieren, steht ihm wieder der Schweizer vor der Sonne: Der gebürtige Berner ist im Ausland bereits höchst anerkannt. Er hat zahlreiche Szenen aus der eidgenössischen Geschichte neu dargestellt, gilt als bedeutender Vertreter von Symbolismus und Jugendstil und als Wegbereiter des Expressionismus. Als ihm die Presse auch in Dresden zujubelt, dreht sein damit zutiefst beleidigter Gegenspieler durch. Er bittet seinen Freund Otto Kunz, einen Journalisten, publizistisch gegen seinen Konkurrenten mobilzumachen: Dessen Bilder seien reine Effekthascherei, lässt er ihn schreiben, während seine eigenen wahrhaftig aus der Natur schöpften. Die Veröffentlichung schlägt hohe Wellen.
Und der Angegriffene? Erinnert sich an sein Gemälde „Die Wahrheit“. Hat sich der Urheber des unwürdigen Streits nicht ganz offensichtlich daran orientiert, als er an seinen „Wallfahrern“arbeitete, die ihm viel Applaus eingebracht haben? Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.
Wer traf wen? Von welchem anderen Schweizer Maler wurde der Tiroler nachhaltig beeinflusst? Welche Themen haben ihn künstlerisch begleitet?