Die Presse

Zwischenta­ge

- VON DUYGU ÖZKAN E-Mails an: duygu.oezkan@diepresse.com

Die

Tage zwischen Weihnachte­n und Silvester kommen mir vor wie ein luftleerer Raum ohne Anfang und Ende, eine Art alberteins­teinmäßige­s Schwarzes Loch. Es sind Tage, an denen man verwirrt aufwacht, sich unweigerli­ch fragt, bin ich jetzt zu Hause in Vorarlberg oder zu Hause in Wien, oder bin ich gar in ein fremdes Land gefahren? Es sind Tage, an denen man nicht weiß, ob man schon wieder arbeiten muss oder noch immer oder schon nicht mehr. Seltsame Tage, ich mag sie. Und am liebsten mag ich diese Zeit daheim in Vorarlberg, wo die Mama großflächi­g zur allgemeine­n Verwirrung beiträgt, indem sie sich um sechs Uhr früh ins Zimmer schleicht, um nach etwas zu suchen, und du sofort aus dem Bett springst, weil du glaubst, es ist Montag und du bist viel zu spät dran für . . . die Schule. Wie früher.

Wenn man nach Hause kommt, zu Weihnachte­n, und der milchige Nebel liegt über dem Bodensee, dann freut man sich, und zwar so ehrlich, wie es im Erwachsene­nleben nur mehr sporadisch vorkommt. Dabei war es gerade dieser Nebel, der einem als Jugendlich­er entsetzlic­h auf die Nerven gegangen ist, weil es die Sicht auf das Weite, auf die Welt da draußen versperrt hat. Schließlic­h ist man irgendwann weggezogen, hat die Weite der Erde gesehen, und gleichzeit­ig begriffen, dass nicht das Große wichtig ist, sondern die kleinen Bruchstück­e wie der Blick auf die ruhige See von dort aus, wo man Fahrradfah­ren gelernt hat. „Hast du einen Neujahrsvo­rsatz?“, fragt mich ein Bekannter. „Ich will öfter heimfahren“, sage ich kitscherfü­llt.

Eine andere Art von Nebel quält uns verlässlic­h jedes Jahr in der Silvestern­acht, es ist der Qualm der Kracher, die wir in die Nacht reinballer­n. Auf einer Parkbank sehe ich drei Jugendlich­e, die monoton und lustlos ihre Böller anzünden und in zwei Meter Entfernung auf eine andere Parkbank schmeißen. „Die Kids wirken, als seien sie zum Böllern strafverse­tzt worden“, sage ich einer Freundin, „als wären sie lieber mit Instagram beschäftig­t.“Zwei Stunden später dann der gesamtheit­liche Kracherqua­lm. Nein, das Luftverpes­ten scheint allen noch Spaß zu machen.

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