Das Perpetuum mobile der österreichischen Förderindustrie
Während in der EU erste Windräder ohne Subvention entstehen, reißen die Österreicher Kraftwerke ab, bauen sie neu – und kassieren noch einmal.
Ökostrom ist eine gute Sache. Kohle und Gas bleiben in der Erde, die Luft bleibt rein und das Gewissen ebenso. Noch besser ist es freilich, wenn die Stromkunden für die saubere Energie nicht mehr bezahlen müssen als notwendig. In weiten Teilen Europas kommt man diesem Ideal schön langsam näher: Im April fand Deutschland bei einer Auktion erstmals Unternehmen, die Windparks ohne Subvention bauen wollen. Kurz vor Weihnachten gelang Dänemark dasselbe Kunststück sogar für teurere Offshore-Windparks. Natürlich gibt es Unsicherheiten: Noch sind die Anla- gen nicht gebaut. Aber sollte etwa das deutsche Projekt noch scheitern, werden immerhin knapp 60 Mio. Euro Pönale fällig. Die Betreiber werden sich ihren Ausstieg also gut überlegen.
Auch in Österreich sinken heuer die Ökostromkosten. Das sei aber nur „vordergründig erfreulich“, vermeldet die Windlobby und beklagt, dass die Kosten nur sinken, weil viele alte Anlagen aus dem Förderregime fallen. Das ist allerdings weniger dramatisch, als es klingt. Denn die rund 430 heimischen Windräder, die nach 13 Jahren keinen Zuschuss mehr erhalten, verkaufen ihren Windstrom jetzt eben ohne Subventionen am freien Markt. Saubere Energie ohne Mehrkosten? Was könnte man sich Besseres wünschen? Also als Kunde, versteht sich.
Die Anlagenbetreiber sind weniger begeistert, dass die Fördereuros nicht mehr fließen. Zum Glück lässt sich in Österreich dagegen immer etwas tun. Bei der Novelle des Ökostromgesetzes im Sommer erhielt auch die Windkraft eine paar zusätzliche Millionen – um die Warteschlange der vielen neuen Projekte abzubauen, hieß es. Doch wenn man genauer hinsieht, sind etliche dieser Projekte gar nicht so neu wie gedacht, berichten Insider. Stattdessen würden vielfach alte, „ausgeförderte“Windkraftwerke abgerissen, um am selben Standort ein größeres Windrad aufzustellen und sich weitere 13 Jahre an Förderung zu sichern.
Klar, neuere Windräder garantieren mehr Strom auf begrenztem Platz – und das noch dazu ohne lästigen Ge- nehmigungsmarathon. Unterm Strich ist das Einstampfen eines funktionstüchtigen Windrads, das mit kleinem Aufschlag rentabel wäre, aber doch nur die Vernichtung von Vermögen, das die Stromkunden mitzahlen durften. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hat die Chance, dieses Förder-Perpetuum mobile mit einem zeitgemäßeren Ökostromgesetz zu beenden. Sie wird sich dafür wohl am europäischen Trend orientieren. Im Regierungsprogramm ist zumindest von „Marktprämien“und „Ausschreibungen“statt von Einspeisetarifen die Rede. Für die Lobbies sind die besten Tage dann wohl vorbei. Den Kunden stehen sie vielleicht erst bevor.
Ökostrom ohne Extrakosten. Der Traum vieler Kunden ist näher, als man denkt.