Gesichtswahrender Iran-Kompromiss für Trump
Atomdeal. Der US-Präsident lässt das Iran-Abkommen in Kraft – will aber zugleich neue Sanktionen gegen Teheran. Zudem fordert Trump von seinen europäischen Verbündeten und dem Kongress, den Vertrag nachzubessern.
Washington. Donald Trump ist stur. Mehrere Tage lang haben hochrangige Berater den Präsidenten bearbeiten müssen, um ihn von einem sofortigen Ausstieg der USA aus dem internationalen Iran-Atomabkommen abzubringen. Laut Medienberichten ist bei den Bemühungen eine Lösung herausgekommen, die den Atomvertrag zumindest vorerst rettet, Trump aber dennoch die Gelegenheit gibt, sich als Iran-Hardliner zu profilieren. Wie lange das jetzt gefundene Modell hält, ist jedoch unklar. Damit wachsen die Differenzen zwischen den USA und ihren europäischen Verbündeten in der Frage.
Laut Gesetz ist Trump verpflichtet, alle vier Monate zu entscheiden, ob die bei Inkrafttreten des Deals vor drei Jahren ausgesetzten Sanktionen gegen den Iran wieder eingeführt werden sollen oder nicht. Zugleich muss er dem Kongress alle drei Monate berich- ten, ob sich Teheran an die Vorgaben des Vertrages hält, mit dem der Bau einer iranischen Atombombe verhindert werden soll. Bei beiden Themen laufen die Fristen in diesen Tagen ab. Im Oktober hatte sich Trump geweigert, die Vertragstreue des Iran zu bestätigen.
Gespaltene US-Regierung
Außenminister Rex Tillerson, Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster und andere Realpolitiker in der Regierung argumentieren, der Iran-Vertrag zeige trotz Mängel Wirkung und sollte in Kraft bleiben. Iran-Gegner wie Trump sagen, das Abkommen gebe Teheran die Möglichkeit, im Schutz des Vertrages neue Raketen zu bauen, eine aggressive Außenpolitik zu betreiben und womöglich insgeheim weiter an der Atombombe zu arbeiten.
Nach übereinstimmenden Berichten und Andeutungen von Regierungsvertretern wollte die USRegierung noch im Laufe des Freitags ein neues Paket zum Iran vorstellen. Demnach werden die aus- gesetzten Sanktionen weiter nicht angewandt; der Kauf von iranischem Öl bleibt erlaubt. Gleichzeitig will Trump außerhalb des Rahmens des Atomvertrages neue Sanktionen gegen iranische Regierungsvertreter verhängen, die unter anderem mit Menschenrechtsverletzungen bei den jüngsten Unruhen im Iran begründet werden. Die EU-Verbündeten und der Kongress sollen aufgefordert werden, den Atomvertrag nachzubessern. Details waren zunächst nicht bekannt.
Mit dieser Lösung kann Trump, der im Wahlkampf eine Annullierung des Iran-Deals angekündigt hatte und von Israel sowie Saudiarabien dazu gedrängt wird, das Gesicht wahren, ohne den Vertrag zu zerstören. Offenbar will Trump vom Kongress neue Sanktionsmöglichkeiten fordern. Gedacht wird an Strafmaßnahmen, die automatisch in Kraft treten, wenn der Iran bestimmte Schritte in seinem Atomprogramm unternimmt. Noch gibt es dafür aber keine Mehrheit. Zuletzt hatten EU-Staaten an Trump appelliert, den Iran-Deal nicht zu zerstören. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rief Trump sogar an. Die „New York Times“meldete, einige Berater des Präsidenten seien der Meinung, dass solche Appelle den Präsidenten nur noch weiter provozieren könnten.
Angesichts des mühsam ausgehandelten Kompromisses, der sich am Freitag abzeichnete, stellt sich die Frage, wie lange Trump davon abgehalten werden kann, das IranAbkommen aufzukündigen. Im Kongress wird überlegt, den Präsidenten von der Pflicht zu entbinden, alle drei Monate ein Urteil über die Vertragstreue der Iraner abzugeben.
Bei einigen US-Regierungsvertretern entsteht der Eindruck, dass sich US-Verbündete in Europa mit dem Iran ein wenig zu gut verstehen. So wirkte das Treffen europäischer Politiker mit Irans Außenminister Javad Zarif am Donnerstag in Brüssel auf US-Regierungsvertreter wie eine Demonstration anti-amerikanischer Einigkeit.