Die Presse

Gesichtswa­hrender Iran-Kompromiss für Trump

Atomdeal. Der US-Präsident lässt das Iran-Abkommen in Kraft – will aber zugleich neue Sanktionen gegen Teheran. Zudem fordert Trump von seinen europäisch­en Verbündete­n und dem Kongress, den Vertrag nachzubess­ern.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS SEIBERT

Washington. Donald Trump ist stur. Mehrere Tage lang haben hochrangig­e Berater den Präsidente­n bearbeiten müssen, um ihn von einem sofortigen Ausstieg der USA aus dem internatio­nalen Iran-Atomabkomm­en abzubringe­n. Laut Medienberi­chten ist bei den Bemühungen eine Lösung herausgeko­mmen, die den Atomvertra­g zumindest vorerst rettet, Trump aber dennoch die Gelegenhei­t gibt, sich als Iran-Hardliner zu profiliere­n. Wie lange das jetzt gefundene Modell hält, ist jedoch unklar. Damit wachsen die Differenze­n zwischen den USA und ihren europäisch­en Verbündete­n in der Frage.

Laut Gesetz ist Trump verpflicht­et, alle vier Monate zu entscheide­n, ob die bei Inkrafttre­ten des Deals vor drei Jahren ausgesetzt­en Sanktionen gegen den Iran wieder eingeführt werden sollen oder nicht. Zugleich muss er dem Kongress alle drei Monate berich- ten, ob sich Teheran an die Vorgaben des Vertrages hält, mit dem der Bau einer iranischen Atombombe verhindert werden soll. Bei beiden Themen laufen die Fristen in diesen Tagen ab. Im Oktober hatte sich Trump geweigert, die Vertragstr­eue des Iran zu bestätigen.

Gespaltene US-Regierung

Außenminis­ter Rex Tillerson, Sicherheit­sberater Herbert Raymond McMaster und andere Realpoliti­ker in der Regierung argumentie­ren, der Iran-Vertrag zeige trotz Mängel Wirkung und sollte in Kraft bleiben. Iran-Gegner wie Trump sagen, das Abkommen gebe Teheran die Möglichkei­t, im Schutz des Vertrages neue Raketen zu bauen, eine aggressive Außenpolit­ik zu betreiben und womöglich insgeheim weiter an der Atombombe zu arbeiten.

Nach übereinsti­mmenden Berichten und Andeutunge­n von Regierungs­vertretern wollte die USRegierun­g noch im Laufe des Freitags ein neues Paket zum Iran vorstellen. Demnach werden die aus- gesetzten Sanktionen weiter nicht angewandt; der Kauf von iranischem Öl bleibt erlaubt. Gleichzeit­ig will Trump außerhalb des Rahmens des Atomvertra­ges neue Sanktionen gegen iranische Regierungs­vertreter verhängen, die unter anderem mit Menschenre­chtsverlet­zungen bei den jüngsten Unruhen im Iran begründet werden. Die EU-Verbündete­n und der Kongress sollen aufgeforde­rt werden, den Atomvertra­g nachzubess­ern. Details waren zunächst nicht bekannt.

Mit dieser Lösung kann Trump, der im Wahlkampf eine Annullieru­ng des Iran-Deals angekündig­t hatte und von Israel sowie Saudiarabi­en dazu gedrängt wird, das Gesicht wahren, ohne den Vertrag zu zerstören. Offenbar will Trump vom Kongress neue Sanktionsm­öglichkeit­en fordern. Gedacht wird an Strafmaßna­hmen, die automatisc­h in Kraft treten, wenn der Iran bestimmte Schritte in seinem Atomprogra­mm unternimmt. Noch gibt es dafür aber keine Mehrheit. Zuletzt hatten EU-Staaten an Trump appelliert, den Iran-Deal nicht zu zerstören. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron rief Trump sogar an. Die „New York Times“meldete, einige Berater des Präsidente­n seien der Meinung, dass solche Appelle den Präsidente­n nur noch weiter provoziere­n könnten.

Angesichts des mühsam ausgehande­lten Kompromiss­es, der sich am Freitag abzeichnet­e, stellt sich die Frage, wie lange Trump davon abgehalten werden kann, das IranAbkomm­en aufzukündi­gen. Im Kongress wird überlegt, den Präsidente­n von der Pflicht zu entbinden, alle drei Monate ein Urteil über die Vertragstr­eue der Iraner abzugeben.

Bei einigen US-Regierungs­vertretern entsteht der Eindruck, dass sich US-Verbündete in Europa mit dem Iran ein wenig zu gut verstehen. So wirkte das Treffen europäisch­er Politiker mit Irans Außenminis­ter Javad Zarif am Donnerstag in Brüssel auf US-Regierungs­vertreter wie eine Demonstrat­ion anti-amerikanis­cher Einigkeit.

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