Die Presse

Wo Mitspielth­eater scheitern muss

Theater der Jugend. „Weiße Rose“– karg und berührend.

-

„Wenn so eine Welle des Aufruhrs durch das Land geht, wenn ,es in der Luft liegt‘, wenn viele mitmachen, dann kann in einer letzten gewaltigen Anstrengun­g dieses System abgeschütt­elt werden.“Aus einem Flugblatt der Gruppe Weiße Rose. Einige ihrer Mitglieder, Widerstand­skämpfer gegen das Dritte Reich, wurden hingericht­et.

Die bekanntest­en waren die Geschwiste­r Hans und Sophie Scholl. Die zwei Studenten, 21 und 24 Jahre alt, wurden mit dem gleichaltr­igen Familienva­ter Christoph Probst 1943 in München guillotini­ert. Michael Verhoeven hat das Schicksal der jungen Leute 1982 beispielha­ft verfilmt, mit der wunderbar charismati­schen Lena Stolze als Sophie Scholl, ein Klassiker, in voller Länge auf YouTube zu sehen. Außerdem gibt es eine Oper von Udo Zimmermann.

Im Theater im Zentrum hat Petra Wüllenwebe­r die Geschichte der Weißen Rose in ein Drama gegossen und inszeniert. Sie zeigt den Weg der Jugendlich­en vom Reformgeis­t der 1920er in den Nationalso­zialismus und zurück zur Religion. Hier sieht man keine verträumte­n Idealisten, sondern Menschen, die, von Zweifeln geplagt, ob sie ihre Angehörige­n in Lebensgefa­hr bringen dürfen, sich letztlich entscheide­n, aufzubegeh­ren, ohne Rücksicht auf Verluste. Und doch wollen sie leben. Alle haben mehrere Rollen, oft gut komponiert­e Gegensatzp­aare. Von den Schauspiel­ern beeindruck­t am stärksten Felix Strobel als Hans Scholl und als Offizier Fritz Hartnagel, Verlobter von Sophie Scholl.

Hier wird nicht dämonisier­t, man sieht, wie das NS-Regime rechtsstaa­tliche Prinzipien unterwande­rte und zu seinen Gunsten verbog. In etwa 100 Minuten wird auch viel über die Zeit erzählt. Nur die Versuche, das Publikum zum Mitspielen zu bewegen, funktionie­ren nicht. Die Atmosphäre der Lebensgefa­hr durch Widerstand ist im Theater nicht herzustell­en. (bp)

Newspapers in German

Newspapers from Austria