Die Presse

Darauf ist das ganze Regiment stolz

Staatsoper. Fulminante­s Debüt von Sabine Devieilhe in einer rundum amüsanten „Fille du r´egiment“unter Evelino Pid`o – nebst nostalgisc­hen Tönen mit Marjana Lipovˇsek.

- VON WILHELM SINKOVICZ Reprisen: 13., 16. und 19. Jänner

Das hat eingeschla­gen: Mit Sabine Devieilhe stellte sich eine der herausrage­nden jungen Koloraturs­opranistin­nen unserer Zeit in Wien vor. Die Wette gilt: Diese Künstlerin gehört demnächst zu den absoluten Weltstars der Opernszene. Laurent Pellys launig-freche Inszenieru­ng von Donizettis „Regimentst­ochter“ist das ideale Vehikel für eine gute Singschaus­pielerin. Nicht nur die Solisten, auch der hoch motivierte Chor der Staatsoper absolviere­n hier akrobatisc­he Aktionen und kosten so die komödianti­schen, manchmal klamaukige­n, dann wieder liebevoll gefühlssel­igen Aspekte der Handlung aus. Sehr zur Freude des Publikums.

Exquisite Buffonerie

Man begreift an diesem Abend – auch dank des feingliedr­igen und sensiblen Zugriffs von Maestro Evelino Pido` –, dass Donizetti hier eine Buffonerie auf der Höhe seiner Zeit gelungen ist, die in ihrem Zynismus und Witz schon die kommenden Offenbachi­aden vorwegnimm­t, doch auch den psychologi­schen Tiefgang, den die italienisc­he Oper bei Verdi bald gewinnen sollte. Der hohe Anspruch dieser Mixtur findet bei Devieilhe eine exquisite Interpreta­tion. Ihre Wandlungsf­ähigkeit ist staunenerr­egend: Blitzsaube­re Koloraturp­assagen klingen bis in die allerhöchs­ten Höhen noch sonor, werden nicht nach oben zu immer dünner und spitzer.

Und die lyrischen Qualitäten des Soprans offenbaren sich in den belcantesk­eren Passagen. Schon im ersten Finale schmiegt sich die Stimme voller Leuchtkraf­t, aber samtig weich an die elegischen Phrasen des Englischho­rns, die wie alle Instrument­alsoli an diesem Abend delikat modelliert werden.

Seit Natalie Dessays legendärer Olympia in der Premiere von „Hoffmanns Erzählunge­n“hat wohl kein vergleichb­ares Debüt dermaßen eingeschla­gen. Mit der Dessay, Premierenb­esetzung der Wiener „Regimentst­ochter“, kann Devieilhe auch in Sachen schauspiel­erischer Quirligkei­t mithalten. Und das Herz dieser Marie sitzt spürbar am rechten Fleck.

Nicht nur, wenn es um ihren Tonio, John Tessier, geht, der trotz seiner bombensich­eren hohen Cs neben dieser Vollblutkü­nstlerin ein wenig blass erscheinen muss. Keine Mühe mitzuhalte­n hat hingegen Carlos A´lvarez als Sulpice – das kernige Duett zwischen diesem Sergeant und seiner „Tochter“sorgt zu Recht für den ersten lauten Zwi- schenappla­us an diesem durchwegs animierten Abend mit Donna Ellens urkomische­r Marquise de Berkenfiel­d und Marcus Pelz als ihrem distinguie­rt-patscherte­n Diener Hortensius.

Marjana Lipovsekˇ schaut im zweiten Akt noch einmal als „Herzogin“vorbei und hat als gemütvolle Einlage „Bali Ha’i“aus „South Pacific“mitgebrach­t, wofür das Orchester rasch eine 180-Grad-Drehung in Sachen Stil absolviert; aber selbst die Rückkehr zu Donizetti bereitet hernach keine Mühe, denn in jüngster Zeit musiziert man am Ring auch Belcanto wirklich mit Animo . . .

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[ Michael Pöhn/Staatsoper] Diese 32-jährige Französin wird bald zu den absoluten Weltstars gehören: Sabine Devieilhe.

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